Fremdenfeindlichkeit als Medienthema und Medienwirkung.
Deutschland im internationalen Scheinwerferlicht

von Frank Esser, Bertram Scheufele,
Hans-Bernd Brosius (2002) bei AMAZON.de
vodafone.de
Eskalation durch Berichterstattung?
Massenmedien und fremdenfeindliche Gewalt.

von Hans-Bernd Brosius, Frank Esser (1995) bei AMAZON.de

Der Einfluß der Massenmedien auf Ausländerfeindlichkeit und ausländerfeindliche Delinquenz in Deutschland 1990-1993

von Thomas Siebe © 1995

1. Einleitung

1.1 Vorwort

In den Jahren 1990-1993 wurde die Bundesrepublik von Wellen fremdenfeindlicher Delinquenz erschüttert . Im gleichen Zeitraum vollzog sich die politische Debatte um den Artikel 16 des Grundgesetzes unter starker Anteilnahme der Bevölkerung. Sowohl fremdenfeindliche Gewalt als auch die Diskussion um das Asylrecht waren periodisch Spitzenreiter auf der Agenda der Berichterstattung von Printmedien, Rundfunk und Fernsehen. Liveübertragungen des Fernsehens zeigten z.B. die Erstürmung eines Ausländerwohnheims in Rostock durch einen fremdenfeindlichen Mob, der rechtsradikale Parolen brüllte, vor den Kameras Nazisymbole schwenkte und den Hitlergruß entbot. Fernsehen und Printmedien dokumentierten bundesweit das Versagen der Polizei wie auch die Zielerreichung der Gewalttäter, als die Opfer der Ausschreitungen aus Rostock evakuiert wurden.
Zur gleichen Zeit war in den Massenmedien die Rede vom "Asylmißbrauch" und "Asylantenproblem", kamen Vertreter rechtsextremer und fremdenfeindlicher Gruppierungen - z.T. gegen Honorar - vor Kameras und in den Gazetten zu Wort (1) und titelten Printmedien: "Fast jede Minute ein neuer Asylant - Die Flut steigt, wann sinkt das Boot ?" (2)
Die mit Blick auf derartige Medieninhalte immer lauter werdende Kritik an Fernsehen, Zeitungen und Hörfunk warf den Massenmedien vor, entscheidend zu einem fremdenfeindlichen Meinungsklima und damit zur Eskalation der Gewalt beigetragen zu haben, die bis Ende 1993 mindestens 15 Menschen das Leben kostete.

1.2 Thema

In dieser Arbeit sollen die Effekte der Massenmedien, insbesondere des Fernsehens und der Printmedien, sowohl auf Fremdenfeindlichkeit (3) als auch auf die damit zusammenhängende fremdenfeindliche Delinquenz für den Zeitraum von 1989/90 bis 1993 geprüft werden.
Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht die These, daß die Berichterstattung der Massenmedien über die Themen Asylrecht, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus mit einem Meinungsklima interagierte, daß eine spezifische Fremdenfeindlichkeit und fremdenfeindliche Gewalt begünstigte. Die entsprechenden Medieninhalte trafen auf bereits ausländerfeindlich prädisponierte Rezipienten und schufen durch negative Stereotypisierungen, Attributionen und Überbetonungen ein legitimierendes Meinungsklima für fremdenfeindliche Akteure und potentielle Gewalttäter. In sequentiellen Interaktionen zwischen Meinungsklima und Medieninhalten kam es zu verstärkenden Rückkopplungen zwischen Berichterstattung und Geschehen.

1.3 Vorgehensweise

Beginnen will ich im zweiten Teil des Aufsatzes mit einer kurzen Darstellung der theoretischen Grundlagen der Ursachen für Fremdenfeindlichkeit und fremdenfeindliche Delinquenz und ihrer Verbreitung in der BRD und DDR vor 1989/90. In diesem Rahmen soll auch der für diese Arbeit relevante theoretische Zugriff auf beide Phänomene kurz umrissen werden. Anschließend werden die Zusammenhänge zwischen einem fremdenfeindlichen Meinungsklima und fremdenfeindlicher Delinquenz erläutert.
Im dritten Kapitel wird ein im Vergleich zu bisherigen Forschungen adäquateres Medienwirkungsmodell - anschließend an dynamisch-transaktionale Modelle (FRÜH 1991) - vorgestellt, daß im Gesamtzusammenhang eines noch provisorischen Gesamtwirkungsgefüges steht. Aus den theoretischen Annahmen werden Thesen zum Thema modelliert, die die Problemstellung präzisieren.
Danach soll der Forschungsstand über das zu behandelnde Phänomen kurz umrissen werden: Von welchen Medienwirkungen auf Ausländerfeindlichkeit und ausländerfeindliche Gewalt wurde bisher ausgegangen und welche empirischen Ergebnisse wurden erzielt ?
Im vierten Teil sollen die präzisierten Annahmen aus Kapitel 3, die sich unter die Hauptthese der Arbeit subsumieren lassen, mit Blick auf die Empirie geprüft werden.
Wie schlägt sich das fremdenfeindlich zugespitzte Meinungsklima in Zahlen nieder ?
Wie sieht die Berichterstattung der Massenmedien inhaltlich aus und wie wurde sie rezipiert ?
Danach werden dann die Zusammenhänge zwischen dem Meinungsklima, ausländerfeindlicher Delinquenz als Ausdruck des fremdenfeindlichen Klimas und der Medienrezeption analysiert.
Im fünften Abschnitt folgt dann eine Zusammenfassung der Ergebnisse und eine Bewertung der Rolle der Massenmedien.

2. Ausländerfeindlichkeit und ausländerfeindliche Delinquenz

2.1 Ausländerfeindlichkeit

2.1.1 Zur Theorie der Ausländerfeindlichkeit

HOFFMANN und EVEN verstehen unter Ausländerfeindlichkeit "jede Weigerung, dem Ausländer dieselben Rechte einzuräumen, die die Inländer innehaben, solange die Ausländer nicht auch die bisher geltende Inländeridentität angenommen haben" (1984:184).
Im Zuge dieser Arbeit wird jedoch der Rückbezug auf diese vergleichsweise recht breite Definition des Begriffs selten nötig sein, da der größte Teil der hier behandelten Empirie in ihren Operationalisierungen auch enger gefaßte Definitionen zulassen würde und trotzdem Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik in nicht unbeträchtlichem Ausmaß erfassen könnte. So betrachte ich natürlich die unverhohlene Rejektion von Ausländern allgemein oder Äußerungen des Verständnisses für ausländerfeindliche Straftaten als Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit.
Andererseits ist eine weiter gefaßte Definition von Ausländerfeindlichkeit wiederum nötig, um denen in den letzten Jahren gewachsenen Anti-Ausländerfeindlichkeits- und Anti-Diskriminierungsnormen in der Bundesrepublik gerecht zu werden und auch mehr oder weniger gesellschaftlich akzeptierte "Vorbehalte" erfassen zu können, die Rejektionen gegen Fremde "verschlüsseln".
HOFFMANN und EVEN (1984) nennen vier verschiedene Ansätze zur Erklärung von Ausländerfeindlichkeit:
Anthropologische Erklärungen verweisen auf die Angst vor dem Fremden schlechthin, ideologiekritische Ansätze sehen als Ursache für Ausländerfeindlichkeit Rassismus. Diese beiden Ansätze beziehen sich auf eine eher nicht-kognitive, weil eher unbewußt, affektive Basis für ausländerfeindliche Attitüden zurück.
Psychologische Erklärungen gehen davon aus, daß sich Ausländerfeindlichkeit aus dem Vorhandensein von Vorurteilen bzw. negativen Stereotypen erklären läßt. Sie sind damit auf einer kognitionspsychologischer Basis eng verbunden mit krisentheoretischen Ansätzen, die Ausländerfeindlichkeit durch wahrgenommene und/oder antizipierte Konkurrenz entstehen sehen. Beide Ansätze sind kompatibel mit einer in dieser Arbeit grundgelegten Theorie der rationalen Wahl (ESSER 1993) und einem hier implementierten kognitiven Modell von Medienwirkungen.
Einstellungen gegenüber bestimmten Sachverhalten, z.B. gegenüber Ausländern, werden besonders von den subjektiven Annahmen, in denen das Einstellungsobjekt "Ausländer" mit bestimmten Attributen verknüpft wird, bestimmt. Diese Attribute werden dem Einstellungsobjekt subjektiv zugeschrieben und mehr oder weniger positiv bewertet. Negative Attitüden gegenüber Ausländern kommen dann durch subjektiv für wahr gehaltene Annahmen bzw. Antizipationen zustande. Derartige Annahmen können sich beispielsweise auf die Antizipationen größerer Wohnungsnot, Verlust des Arbeitsplatzes durch Ausländer, wahrgenommene wirtschaftliche oder sexuelle Konkurrenz oder ganz allgemein im Sinne von Scapegoat-Theorien auf eine Wahrnehmung der Verschlechterung der Gesamtsituation beziehen. Negative Attitüden gegenüber Ausländern sind im Sinne kognitiver Konsonanz eng mit negativen Stereotypen verknüpft.

2.1.2 Ausländerfeindlichkeit - Gesellschaft und Medien vor 1990

In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, daß schon vor dem Fall der Mauer 1989 in der alten Bundesrepublik eine latente Ausländerfeindlichkeit nicht unbeträchtlich verbreitet war. In der Empirie der achtziger Jahre tritt diese im Vergleich zu den Vorjahren jedoch weniger zu Tage, auch wenn die ein oder andere Untersuchung Hinweise in diese Richtung gibt (vgl. BROSIUS,ESSER 1995:16). Jedoch hat sich ebenfalls in den achtziger Jahren zunehmend eine soziale Erwünschtheit bezüglich der positiven Haltung gegenüber Ausländern als Norm verdichtet.
Die Sozialpsychologen BRUIN, DERIDDER und MAISON (1995) sprechen von einer Anti-Diskriminierungsnorm (ADN), die sich im letzten Jahrzehnt in einigen Ländern Westeuropas entwickelt habe. Sogenannte krasse ("blatant") Vorurteile (PETTIGREW,MEERTENS 1995)(4) gegenüber Landesminderheiten wiesen zunehmend niedrigere Scores auf, ohne daß allerdings die Integration der Minderheit ähnlich bemerkenswerte Fortschritte gemacht hätte.
Während die Befragten sich also nachweislich auf entsprechende Indikatoren für negative Stereotypen bzw. Ausländerfeindlichkeit einstellten, sind Theorie und Befragungsinstrumente offensichtlich der Entwicklung zum Trotz recht inflexibel geblieben. So beklagen z.B. BLANK und SCHWARZER (1994), daß in der allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften noch immer das "Gastarbeiteritem" erhoben wird (5) . Weiter unten wird sich jedoch noch zeigen, daß aber gerade Gastarbeiter der meisten Nationalitäten "Nutznießer" der ADN waren und Ausländerfeindlichkeit sich in sehr spezifischen Formen kanalisierte, indem Deutsche in ihren Vorbehalten eine Art Hierarchie oder Klassengesellschaft der Ausländer bildeten (LAMNEK, FUCHS 1992), an deren Ende Asylbewerber standen. Gegen diese Gruppe konnten fremdenfeindliche Einstellungen bereits vor 1990 offen geäußert werden, ohne in den Verdacht einer normativ geächteten Ausländerfeindlichkeit zu kommen: Die Vorbehalte waren von Öffentlichkeit und Massenmedien sozial akzeptiert.
Deutlicheres Indiz für die Verbreitung von Ausländerfeindlichkeit als empirische Ergebnisse bieten vor dem Fall der Mauer aber die Wahlerfolge rechtsradikaler Parteien wie die der REPUBLIKANER oder der DVU. Beide Parteien hetzten in Wahlkämpfen mit ausländerfeindlichen Parolen und Wahlzielen, die sogar oft noch jenseits der postulierten ADN lagen und erzielten doch auf Kommunal- und Landesebene beträchtliche Zugewinne. Besonders das Asylthema diente dabei als Aufhänger, um dumpfe Ängste vor "Überfremdung" und "Identitätsverlust" in offensichtlich prädisponierten Bevölkerungsteilen zu wecken und war offensichtlicher Deckmantel einer über die Gruppe der Asylbewerber weit hinausgehenden Fremdenfeindlichkeit.
Für den Bereich der früheren DDR lassen sich leider bezüglich der Verbreitung von Ausländerfeindlichkeit keine ausreichend verläßlichen Angaben machen. Es erscheint jedoch bemerkenswert, daß bereits wenige Monate nach dem Fall der Mauer empirische Untersuchungen eine starke Antipathie der ehemaligen DDR-Bürger gegenüber Türken belegen (nach PFAHL-TRAUGHBER 1992:20), obwohl es vor 1989 zwischen Türken und Ostdeutschen wohl kaum Kontakte gegeben hat. Dieses Faktum scheint sowohl auf eine durchaus fremdenfeindliche Orientierung - vor allem auch im Sinne des Konkurrenzansatzes - von Teilen der Bevölkerung als aber auch auf eine offensichtliche Wirkung von Westmedien hinzuweisen.
In den Massenmedien der Bundesrepublik finden sich bereits vor dem Fall der Mauer überwiegend negative, weil verkürzende oder verzerrende Darstellungen von Ausländern.
MERTEN (1987) fand in einer Inhaltsanalyse (Untersuchungszeitraum:1986) von verschiedenen Zeitungstypen, daß insbesondere Asylbewerber in einer Art und Weise dargestellt wurden, die zur Bildung, Stabilisierung oder Verstärkung negativer Stereotypen geeignet war. Auch hier präsentiert sich das o.a. Bild einer Klassengesellschaft unter den Ausländern: Ausländische Arbeitnehmer werden in den betreffenden Printmedien sogar insgesamt leicht positiv bewertet (MERTEN 1987:73) und zwar offensichtlich um so positiver, um so mehr sich die Kultur ihres Heimatlandes in der Wahrnehmung der Deutschen der des Gastlandes Deutschland annähert. Dagegen werden türkische Arbeitnehmer überwiegend negativ dargestellt, was übrigens konsonant mit den o.a. Vermutungen der Wirkungen von Westmedien in der DDR ist.
Für den Bereich audiovisueller Medien - das Westfernsehen war eine bevorzugte Informationsquelle der DDR-Bürger unter den westlichen Massenmedien - kommt nämlich KÜHNE-SCHOLAND (1987) inhaltsanalytisch im gleichen Zeitraum zu ganz ähnlichen Ergebnissen wie MERTEN. Am unteren Ende der Hierarchie stehen nach den Ergebnissen der Inhaltsanalysen aber eindeutig die Asylbewerber, deren Darstellung in den Printmedien einer sehr spezifischen Form von Fremdenfeindlichkeit in der Öffentlichkeit Legitimität verliehen haben kann. Jedenfalls werden nach 1989 genau die beiden letztgenannten Gruppen, Asylbewerber und türkische Mitbürger, bevorzugtes Ziel von weitergehenden Anfeindungen, Übergriffen und Gewalt sein.

2.2 Ausländerfeindliche Delinquenz

2.2.1 Nur ausländerfeindliche Jugendliche und ewig Gestrige ?

Der Lagebericht des BUNDESKRIMINALAMTES 1992 definiert fremdenfeindliche Delikte als "Straftaten, die in der Zielrichtung gegen Personen begangen werden, denen die Täter (aus intoleranter Haltung heraus) aufgrund ihrer Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes oder aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Herkunft eine Bleibe- oder Aufenthaltsrecht in ihrer Wohnumgebung oder in der gesamten Bundesrepublik Deutschland bestreiten" (zit.n. BROSIUS,ESSER 1995:75).
Ausländerfeindliche Delinquenz wird im Rahmen dieser Arbeit aber nur als eine fremdenfeindliche Verhaltensdisposition unter anderen verstanden, mit der eine fremdenfeindliche Attitüde in eine Verhaltensintention bzw. Verhaltensbereitschaft umgesetzt wird, die schließlich vom Akteur als eine Handlung ausgewählt wird.
Neben den Handlungen, die nach geltendem Recht Straftaten darstellen, stehen entsprechenden Akteuren auch andere fremdenfeindliche Handlungsdispositionen zur Verfügung, die normativ als abweichend, juristisch jedoch nicht strafbar betrachtet werden können. Die rein juristische Definition von Delinquenz - ansonsten zur Erklärung von Delinquenz allgemein als unzureichend angesehen - wird in diesem Falle von der verfügbaren Empirie sozusagen vorgeschrieben, da die Daten über fremdenfeindliche Delinquenz für den hier fraglichen Zeitraum ausschließlich auf dieser Begriffsbestimmung beruhen. Mit dieser Definition kann (und muß) man auch arbeiten, solange sie nicht die Sicht dafür versperrt, daß Fremdenfeindlichkeit und fremdenfeindliche Delinquenz nicht zwei verschiedene, sondern Teile eines Phänomens sind, daß letztlich nur per definitionem auseinander dividiert wird.
Gängig war nämlich bisher eine These, die insbesondere von der Politik, unterstützt durch Massenmedien (HEITMEYER 1993:8) vertreten wurde:
Delikte und Gewalttaten einer verschwindenden Minderheit seien unzulässig auf große Teile der Bevölkerung generalisiert worden. Diese These wird nach wie vor mit Hinweis auf die Lichterketten gegen die Gewalt, sinkende Ausländerfeindlichkeit in den Umfragen und Dominanz einer bestimmten Gruppe von fremdenfeindlichen Delinquenten vertreten. Weiter unten wird die Empirie jedoch zeigen, daß z.B. die Bevölkerungsminderheit, die Verständnis für fremdenfeindliche Übergriffe zeigte, keineswegs verschwindend war und das die Mehrheit der Bevölkerung glaubte, die Mehrheit der Bevölkerung habe Verständnis für die Übergriffe.
Die These hatte und hat neben o.a. Grund ohnehin nur Bestand durch die große Dominanz einer bestimmten Gruppe unter den fremdenfeindlichen Delinquenten. Bei einer ersten Analyse der Täterstrukturen fanden WILLEMS, WÜRTZ und ECKERT (1995), daß 95% der Delinquenten männlich waren. 70% der Täter waren männliche Jugendliche unter 20 Jahren, nur 5% waren überhaupt älter als 30 Jahre. 90% der Straftaten wurden in Gruppen begangen und waren in der Regel nicht von langer Hand geplant, geschahen vielmehr eher spontan (6), wobei oft Alkohol involviert war. Ein recht großer Anteil der Täter war durch sonstige Straf- und Gewalttaten vorbelastet oder war sonst auffällig geworden.
Diese Auffälligkeiten standen meistens nicht in Verbindung mit rechtsradikalen Kontexten, lediglich bei einem kleinen Anteil lag bereits eine verfestigte rechtsradikale Gesinnung vor (7). Gemeinsam war fast allen jedoch eines: eine unreflektierte Ausländerfeindlichkeit. Wie sich noch zeigen wird, teilten sie diese Attitüde mit einem beträchtlichen Teil der Bevölkerung.
Was die Täter von diesem Teil der Bevölkerung unterscheidet, ist nach Ansicht HEITMEYERS (et al. 1992:14ff.) ein letztlich nur gradueller Aspekt. So stellt er z.B. ein Vierstufen-Modell der Gewalt vor:
Auf der untersten Stufe steht die Überzeugung der Unabänderlichkeit von Gewalt.
Die zweite Stufe besteht in der Billigung von oder der Sympathie für Fremdgewalt. Diese beiden Stufen des deskriptiven Modells werden sich später in der Empirie auch in Prozenten ausdrücken lassen.
Die dritte Stufe schließlich schließt Gewaltbereitschaft bzw. gewalttätige Handlungsbereitschaften ein.
Auf der vierten Stufe schließlich wird Gewalt ausgeübt.

2.2.2 Meinungsklima und Delinquenz

Die Motivstrukturen der Täter dürften neben ihrer eindeutig fremdenfeindlich ausgerichteten Stoßrichtung dennoch außerordentlich heterogen sein.
WILLEMS, WÜRTZ und ECKERT (1995) unterscheiden z.B. vier Tätertypen: Es finden sich Jugendliche mit Problembiographie und Gewalterfahrung, fremdenfeindliche sozial deprivierte Akteure, organisierte Rechtsradikale mit vergleichsweise höherer Bildung und Mitläufer ohne auffällige Vorgeschichte. Das Motiv Ausländerfeindlichkeit dürfte hier nur ein Prädiktor unter vielen sein, aber es ist das Motiv, daß die Täter untereinander und mit beträchtlichen Bevölkerungsanteilen verbindet.
Da in dieser Arbeit ein rationales Wert-Erwartungs-Modell des Handelns zugrundegelegt wird (ESSER 1993), werden die Straftaten als Wahlhandlungen betrachtet, in denen u.a. Variablen wie wahrgenommene Sanktionswahrscheinlichkeiten, Größe der Gruppe, Gruppenmeinung, Gruppenhandlung und Opferbewertung Bedeutung für die Evaluation der Handlung haben.
So zeigt LÜDEMANN (1992) mit seinem Attitüden- und Schwellenwert-Modell, wie die Akteurswahrnehmung kollektiver Handlungsbereitschaften und Handlungen die Wahrnehmung von Sanktionswahrscheinlichkeiten wesentlich vermindern kann und damit die Emission der delinquenten Handlung im Gruppenkontext desto wahrscheinlicher macht, je größer die Anzahl der bereits abweichend handelnden Akteure ist. Dieser Mechanismus muß sich nicht allein auf die aktuelle Situation beziehen:
Auch die Wahrnehmung einer Flut von Gewalttaten, präsentiert durch Massenmedien, kann für zeitlich folgende Situationen Einfluß auf die Evaluation von Akteuren haben. Ebenso kann die Wahrnehmung eines permissiven Meinungsklimas, daß Ausschreitungen gegen Asylbewerber offensichtlich mit Verständnis betrachtet, ein gewichtiger Faktor in der Handlungsbewertung gewaltbereiter Akteure sein. Weiter unten wird sich zeigen, daß eine fatale Fehleinschätzung des tatsächlichen Meinungsklimas von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt wurde.
Dieses Meinungsklima kann auch die Anwendung von Neutralisationsmechanismen, wie sie SYKES und MATZA (1968:360ff.) beschreiben, begünstigen. Zu nennen sind hier besonders:
(1) Verneinung des Unrechts der Tat, da sie zwar illegitim, aber moralisch doch richtig sei, weil die Mehrheit so denke.
(2) Die Ablehnung der Opfer, die ja selber Delinquenten sind ("Asylmißbrauch", "Ausländerkriminalität") oder sowieso als "ethnisch minderwertig" betrachtet werden
(3) Berufung auf höhere Instanzen, in diesem Fall auf das "Volk", weil die Akteure die Attitüde einnehmen könnten, im Interesse aller gehandelt habe. So könnte ein Täter argumentieren, daß die Politiker dem Strom der Asylbewerber nicht Herr werden, die Mehrheit der Bevölkerung aber Handlungsbedarf gegen den Asylmißbrauch sehe.
Gerade zwischen dem von der Bevölkerung wahrgenommenen Asylmißbrauch (8) und der Eskalation der fremdenfeindlichen Delinquenz werden sich in der Empirie auch überzeugende Zusammenhänge zeigen.

3. Das Medienwirkungsmodell

3.1 Theoretische Annahmen - sequentielle Interaktion zwischen Berichterstattung und Geschehen

Die Zeiten, in denen die Medienwirkungsforschung glaubhaft von Effekten der Massenmedien ausgehen kann, die einseitig und proportional zur Intensität der Reize bei Rezipienten determinierte Wirkungen hervorrufen, sind vorbei. Sowohl die Mündigkeit des Rezipienten im Gebrauch der Massenmedien als auch seine subjektive Wahrnehmung von Medieninhalten haben dem schlichten Stimulus-Response-Modell den Garaus gemacht.
Aber auch die Rezipientenfokussierung der Forschung, die im Uses-and-Gratification-Approach gipfelt, vernachlässigt das volle Potential von Medienwirkungen, indem z.B. die antizipierte Medienwirkung bei Akteuren in Analysen übergangen wird oder die Medienmacher, also Journalisten, Fotografen, Kommentatoren als Produzenten einer spiegelbildlichen Realität betrachtet werden, die sie nicht sind.
Medienmacher selbst sind betroffen von Medienwirkungen, z.T. Ziele externer Effekte der Medieninhalte, die sie selbst produziert haben. Eine Empirie, die einen resultierenden Multiperspektivenansatz nicht mit Daten ausfüllen kann, nämlich sowohl aus der Rezipienten- als auch der Kommunikatorperspektive gewonnen, bleibt daher bezüglich des zu erklärenden Phänomens unvollständig. So wird bezüglich des hier zu untersuchenden Phänomens eine Empirie mit Journalisten als Untersuchungseinheiten fehlen, die insbesondere bezüglich der Auswahlkriterien von Meldungen wichtige Hinweise auf Rückkopplungsprozesse zwischen Meinungsklima und Berichterstattung hätte geben können.
Um die Rückkopplungsprozesse zwischen einem Meinungsklima und massenmedialen Effekten adäquat erklären zu können, kann bis heute noch kaum auf elaborierte und soziologisch voll anschlußfähige Wirkungsmodelle zurückgegriffen werden, wenn man von den wenig präzisierten und wohl auch teilweise defizitären Konstrukten der Theorie der Schweigespirale (9) (NOELLE-NEUMANN 1989) absieht.
Monokausale Wirkungsmodelle wiederum stehen verbindungslos nebeneinander, z.T. ohne Rückbezug auf grundlegendere soziologische Theorien und werden natürlich der Zirkularität von Realität und Berichterstattung nicht gerecht. Zudem reduzieren sie entweder Rezipienten zu passiven Black Boxes oder unterstellen die spiegelbildliche Darstellung der Realität durch die Kommunikatoren.
Im Rahmen dieser Arbeit kann die Erarbeitung eines den oben angedeuteten Anforderungen entsprechenden Wirkungsmodells nicht geleistet werden. Immerhin soll aber ein wohl noch eher provisorisches Modell formuliert werden, daß zumindest Rückbezüge zu einer Theorie der rationalen Wahl (ESSER 1993) zuläßt.
Das Modell basiert auf dynamisch-transaktionalen Ansätzen (FRÜH 1991), die davon ausgehen, daß Medienwirkungen Produkte sowohl von Kommunikator- als auch Rezipientenaktivitäten sind. Dabei wird das Verständnis des Transaktionsbegriffes von FRÜH jedoch nicht übernommen. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Zusammenhänge zwischen Berichterstattung und Meinungsklima im Gegensatz zu simultanen Transaktionen vereinfacht als sequentielle Interaktionen begriffen:
Das Meinungsklima beeinflußt die Berichterstattung, die so veränderte Berichterstattung beeinflußt wiederum das Meinungsklima.
Im Sinne von FRÜH jedoch (1991:151ff.) finden diese Veränderungen bereits in der Antizipation des jeweils anderen Faktors statt: Die Berichterstattung verändert sich bereits durch die Vorwegnahme eines zukünftigen Meinungsklimas und vice versa.
Derartige Wirkungskonstellationen sind theoretisch einleuchtend, aber sowohl statisch wie dynamisch außerordentlich schwierig festzuhalten geschweige denn empirisch zu analysieren. Kausalität ist schwer festzustellen, wenn sich das Explanans sozusagen schon durch die Beziehung verändert und gleichsam im selben Moment selbst zum Explanandum wird.
Im vereinfachten Modell der sequentiellen Interaktion kann zumindest die Grundvoraussetzung für Kausalität eingehalten werden: Der Prädiktor geht der abhängigen Variable zeitlich voraus. Dabei wird dieses Modell die Rezipientenperspektive einnehmen und Auswahlkriterien der Journalisten postulieren, die empirisch nicht nachgewiesen wurden und theoretisch auch als zu einseitig beschrieben werden müßten. Für das hier zu verhandelnde Phänomen der Interaktion bleibt dieses Defizit jedoch im Rahmen des Annehmbaren, da die Inhaltsanalysen der journalistischen Produkte Rückschlüsse auf die im speziellen Fall angewandten Selektionskriterien zulassen.
Die Annahmen des hier implementierten Modells stellen sich folgendermaßen dar:
(1) Massenmedien bilden die Realität nicht spiegelgetreu ab.

(a) Journalisten orientieren sich bei der Nachrichtenauswahl und Präsentation im wesentlichen an den Erwartungen, die sie bei den Rezipienten antizipieren. Das gilt um so mehr, als die Kommerzialisierung des Nachrichtenwesens sich in den letzten Jahrzehnten in der Bundesrepublik verdichtet hat. Wesentliche Auswahlkriterien sind daher Sensationalismus, Negativismus, Konfliktträchtigkeit und subjektiv perzipierte Wichtigkeit.(Vgl. KEPPLINGER 1989)

(b) Durch den Zwang zur Selektion und Reduktion der Komplexität kommt es zur Betonung und zum Verschweigen von Nachrichten, inhaltlich zu Stereotypisierungen (10) und Überbetonungen.

(c) Durch das Monopol an bestimmten Informationsressourcen und ihrer Diffusion haben Massenmedien sowohl Definitionsmacht wie auch die Option der Thematisierung bzw. Themenstrukturierung.

(2) Massenmedien bilden eine wesentliche Quelle, aus der Rezipienten Einschätzungen des Meinungsklimas schöpfen.

(3) Rezipienten wenden sich realitätsorientierten oder eskapistischen (SCHENK 1987:381) Medieninhalten zum Zwecke des Informationsgewinns oder zur Herstellung eines emotionalen Zustandes zu.

(a) Sie wenden sich spezifischen Medieninhalten aus individuellen kognitiven Strukturen und sozialen Kontexten heraus zu.

(b) Rezipienten suchen Informationen, die ihre Attitüden und Vorstellungen stützen und meiden dissonante Informationen. ("selective exposure" HUNZIKER 1988:80)

(c) Medienwirkungen führen gewöhnlich nicht zur radikalen Umkehr von Einstellungen , sondern verstärken lediglich Attitüden, Meinungen und Verhaltensdispositionen in die eine oder andere Richtung.

(d) Veränderungen finden aufgrund von Lernprozessen statt. Im Rahmen dieses Modells sind diese Lernprozesse als kognitive Vorgänge im Sinne sozialer Lerntheorien zu verstehen (ROTTER, BANDURA)(11)

(4) Zwischen Meinungsklima und Berichterstattung finden Rückkopplungsschleifen statt: Journalisten schaffen Realitäten durch Berichterstattung, die wieder auf ihre Nachrichtenselektion bzw. Evaluation zurückwirken. Rezipienten reagieren auf die Realität der Berichterstattung und haben somit externe Effekte auf zukünftige Medieninhalte.

3.2 Die Modellierung der Annahmen

Übersetzt in die Termini des Themas dieser Arbeit lassen sich die Annahmen dieses Modells in Thesen übersetzen, die unter die Problemstellung zu subsumieren sind:

A) Die Massenmedien haben in ihrer Berichterstattung zur Asylproblematik konfliktorientiert und negativistisch berichtet. Die Berichterstattung über Ausländer, speziell über Asylbewerber, war überwiegend negativ und stereotyp. Die Massenmedien haben die Situation als bedrohlich und krisenhaft vermittelt. Sie haben den Eindruck verstärkt, die Politik könne das Problem nicht lösen. Die Berichterstattung macht darüber hinaus überwiegend die Zahl der Asylbewerber verantwortlich für eine vermeintliche Krise.

B) Die Rezipienten haben die wesentlichen Informationen über das Asylproblem und die öffentliche Meinung aus der Berichterstattung der Medien entnommen. Ihre Problemeinschätzung gleicht dem Agenda Setting in den Massenmedien.

C) Die Berichterstattung hat die Ausländerfeindlichkeit bestimmter Rezipienten verstärkt und die latente Ausländerfeindlichkeit bestimmter Bevölkerungskreise scheinbar legitimiert. Dieselben Gruppen haben die Bedrohung und die Krise, die die Medien vermittelten, intensiver wahrgenommen als andere Gruppen. Eine spezifische Form der Ausländerfeindlichkeit, nämlich gegen Asylbewerber, wurde als sozial akzeptiert wahrgenommen und zum Teil auf andere Minderheitsgruppen generalisiert.

D) Es sind starke Korrelationen zwischen dem Meinungsklima, ausländerfeindlichen Straftaten , der Berichterstattung und ihrer Rezeption zu erwarten. Zum Teil geht die Berichterstattung Verschiebungen des Meinungsklimas bzw. speziell ausländerfeindlicher Gewalt voraus, zum Teil wird die Berichterstattung dadurch deutlich geprägt.

3.3 Forschungsstand

Mit dem Stand der Forschung über den Einfluß der Medien auf die Ausländerfeindlichkeit bzw. eskalierende Gewalt gegen Fremde kann man m.E. bisher nur unzufrieden sein.
Neben der schlichten Unterstellung von Effekten und politisch-moralisch erhobenen Zeigefingern in Richtung Massenmedien, sind bislang nur Tests monokausaler Einflüsse und einige wenige Inhaltsanalysen der Berichterstattung publiziert worden, die jedoch den Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen Ausländerfeindlichkeit und ausländerfeindlicher Gewalt einerseits und den komplexeren Zusammenhängen, in deren Rahmen Medien wirken andererseits, keine Rechnung tragen.
Der Einfluß der Medien auf die Ausländerfeindlichkeit und ausländerfeindliche Gewalt ist in den meisten Publikationen seit 1992 zumeist als eine Annahme zur Ursachenforschung hinzugefügt worden. In politischen Kommentaren und sozialwissenschaftlichen Aufsätzen (so z.B. HEITMEYER 1993: 8 f.) wird auf eine oder mehrere Medienwirkungen hingewiesen, ohne tatsächlich empirische Grundlagen für die Thesen zur Verfügung zu haben.
Der naheliegendste Effekt von Massenmedien, auf den Autoren hinweisen, ist noch vor der eigentlichen Berichterstattung zu verorten:
LÜDEMANN sieht allein in der direkten Präsenz der Medienvertreter vor Ort schon einen belohnenden und potentiell verstärkenden Charakter für Gewaltakteure, "die sich dadurch in das Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit gerückt fühlen" (1992:148). Empirische Belege für eine solche These gibt es allerdings aus naheliegenden Gründen nicht.
Es scheint jedoch auf der Hand zu liegen, daß einerseits die Antizipation von massenmedialer Berichterstattung das Handeln vieler Akteure oder Gruppen beeinflußt, andererseits ein bereits in der USA beobachtetes Phänomen zunehmend auch in Deutschland Fuß faßt: Der Drang in die Öffentlichkeit.
In einer Mediengesellschaft, in der zunehmend Akteure bereit sind, vor einem Millionenpublikum Intimitäten preiszugeben, kann man sich leicht vorstellen, daß mediale Aufmerksamkeit einen hohen subjektiven Nutzenwert erreichen kann, der stimulierend auch auf Gewalttäter wirkt. Wir können eine solche Wirkung anteilsmäßig bei den progromähnlichen Ausschreitungen von Hoyerswerda (ab 17.September 1991) und Rostock (ab 22.August 1992) vermuten, die z.T. live im Fernsehen übertragen wurden und neben den Morden von Mölln und Solingen zu den medialen Schlüsselereignissen zählen.
Es ist auch nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen, daß die Antizipation von Berichterstattung eine Motivation für manchen Anschlag oder Übergriff war.
Jedoch findet sich auch in der bisher einzigen Studie über Täterstrukturen von WILLEMS,WÜRTZ und ECKERT (1995) keine empirischen Belege dafür. In der Studie werden als Motivationen wahrgenommene bzw. antizipierte Konkurrenz mit den Zuwanderern um Arbeit, Wohnraum, Arbeitslosen- und Sozialhilfe, ein eher dumpfer Ausländerhaß oder schlicht Langeweile deutlich, eine "mediale" Motivation taucht aber nicht auf.
Unterstellt man direkte Medienwirkungen auf ausländerfeindliche Gewalt, so kann man angesichts der speziellen Tätergruppen kaum einem linearen Wirkungsmodell im Sinne der Stimulus-Response Vertrauen schenken.
So weist LÜDEMANN (1992:148ff.) auf die verstärkende Wirkung der Massenmedien hin, die durch die Rezipientenperzeption der größeren Häufigkeit von Anschlägen gegen Ausländer und der Medienbotschaft, Gewalt führe zum Ziel , Schwellenwerte für potentielle Gewalttäter gesenkt habe. Diese Annahme bleibt jedoch ohne ein elaboriertes Lernmodell und Rückbezug auf die Rezipientenaktivität bzw. Rezipienteneigenschaften ein Einbahnstraßenmodell, in dem Reize gleichmäßig diffundiert, wahrgenommen und in Aktionen umgesetzt werden.
Die einzige - mir bisher bekannte - umfassendere sowohl theoretische wie auch empirische Bearbeitung des Themas liefern BROSIUS und ESSER (1995). Sie konzentrieren sich jedoch im Rahmen eines monokausalen lerntheoretischen bzw. suggestiv-imitativen Ansatzes nach BANDURA bzw. TARDE (BROSIUS, ESSER 1995:41ff.) auf Nachahmungseffekte, die durch die Medienpräsentation der Gewaltakte gegen Ausländer bei den Rezipienten ausgelöst werden. Die damit evident zusammenhängende Berichterstattung über Ausländer, Asylbewerber und das Asylrecht rückt mit diesem Ansatz zwangsläufig in den Hintergrund.
Immerhin finden BROSIUS und ESSER in Zeitreihenanalysen aus dem Zeitraum von August 1990 bis Juli 1993 tatsächlich Nachweise dafür, daß die Berichterstattung z.T. fremdenfeindlichen Straftaten vorangeht. Erwartungsgemäß trifft dieser Befund aber besonders für das bezüglich Modellernen besonders geeignete Medium Fernsehen zu (12).
Für die Printmedien, in der die Medieninhalte analytisch genauer differenziert wurden, können sie einen derartigen Zusammenhang für den gesamten Zeitraum 1990-1993 nicht nachweisen. Erst bei der Auskopplung von Zeitsequenzen von 113 bzw. 44 Wochen, deren Schnittpunkt durch die "Schlüsselereignisse" Rostock und Mölln markiert wird, erzielt das angewandte Modell relevante Effekte. Dabei hat aber auch die Berichterstattung über "Ausländer und Asylbewerber" und "politisches Handeln" Effekte für nachfolgende Straftaten. Zudem weisen die sequentiellen Wechsel der Prädiktoren "Straftaten" und "Berichterstattung" auf später noch zu thematisierende Rückkopplungseffekte hin.
Nachahmungseffekte kann man also für bestimmte Zeiträume als erwiesen ansehen, wenngleich die Vermutung naheliegt, daß die von BROSIUS und ESSER gemessenen Effekte nicht ausschließlich auf Nachahmungstaten, sondern auch auf der intervenierenden Variablen "Meinungsklima" beruhen. Mit dem Modellernen ist zum Teil die Art und Weise des Agierens der Gewalttäter bzw. die Art und Weise, wie ausländerfeindliche Attitüden in Handeln umgesetzt werden, gut erklärbar, die in der Form erlernter Modelle den Akteuren zur Disposition stehen. Nachahmungseffekte sind jedoch offensichtlich ein kleiner Teil der Wirkungen, die Massenmedien in diesem Fall hatten.
So legt OHLEMACHER (1994) die starken Zusammenhänge zwischen öffentlicher Meinung, operationalisiert durch die subjektive Wahrnehmung der Häufigkeit des Asylrechtsmißbrauchs, und der verübten ausländerfeindlichen Delikte bzw. Gewalttaten dar. Er schreibt hier immerhin genauer als LÜDEMANN: "The media and politicians, so this argument goes, gave an acceptable face to racism...played upon public anxieties by exaggerating the threat..." (OHLEMACHER 1994:222).
Die Wahrnehmung vieler Täter, die Mehrheit der Deutschen habe Sympathie für ihre Handlungen, ist ein gewichtiger Evaluationsfaktor in der Wert-Erwartung-Kalkulation dieser delinquenten Akteure. Diese Wahrnehmung und z.T. auch selektive Wahrnehmungen der Medieninhalte können z.B. die o.a. Neutralisationstechniken nach SYKES und MATZA (1968:360ff.) begünstigen.
Empirisch steht zum Thema nur wenig Material zur Verfügung. Außer den Analysen von BROSIUS und ESSER finden sich kaum andere nennenswerte empirische Daten. In dieser Arbeit werden außerdem noch die Ergebnisse von zwei Untersuchungen herangezogen: SCHLEMMER und HÖMBERG (1995) untersuchen die Medienberichterstattung zum Thema Asyl in sechs Tageszeitungen, ohne allerdings Bezüge zur Medienrezeption selbst herzustellen.
FUNK und WEIß (1995) dagegen analysieren - ebenfalls im Rahmen eines dynamisch-transaktionalen Modells - die Medienrezeption zum Thema Ausländer, Asyl, Rechtsextremismus im Verhältnis zur Wahrnehmung der Themen als nationales Problem, ohne allerdings Medieninhalte selbst zu untersuchen.

4. Empirie

4.1 Die Situation in Deutschland seit 1989

Mit den letztgenannten Untersuchungen und unter Hinzuziehung demoskopischer Daten zum Meinungsklima kann eine empirische Kette von den Medieninhalten über die Wahrnehmung der Berichterstattung bis zu Meinungen und Handlungen von Akteuren gebildet werden, die aus bereits erläuterten Gründen aber unvollständig ist und empirisch nicht zu einem Wirkungszyklus verbunden werden kann.
Beginnen will ich mit einer Beschreibung der Situation und des Meinungsklimas in Deutschland nach dem Fall der Mauer 1989 bzw. nach der Wiedervereinigung 1990.
Mit dem Zusammenbruch der politischen Systeme und den sich zuspitzenden Problemen im Osten Europas erhöhte sich die Zahl der Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge in der Bundesrepublik (Siehe Tab.1).

Tabelle 1: Asylanträge in der BRD bzw. Deutschland 1984-1993

(Nach BROSIUS,ESSER 1995:97)

JahrAsylanträgeJahr Asylanträge
1984352781989 121318
1985732381990 193063
1986996501991 256112
1987573791992 438191
19881030761993 322590

Gleichzeitig hatte Deutschland mit den Problemen der Wiedervereinigung zu kämpfen: Soziale Ungerechtigkeiten, Arbeitslosigkeit und Vergangenheits-bewältigung sorgten für Unsicherheit und negative Erwartungen für die Zukunft.
Bezüglich der Zuwanderung fragte das Institut für Demoskopie in Allensbach im Dezember 1989 nach den Erwartungen der Bürger in Westdeutschland:
89% von ihnen erwarteten eine mit der Zuwanderung einhergehende größere Wohnungsnot, 76% zunehmende Arbeitslosigkeit, 75% befürchteten, daß immer mehr Menschen auf Sozialhilfe angewiesen sein würden, 64% antizipierten Spannungen zwischen Einheimischen und Zuwanderern, 57% sahen mehr Zulauf für radikale Parteien und 55% erwarteten steigende Kriminalität (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:519). Hier wird sicherlich der Fall der Mauer eine Rolle gespielt haben, aber die Zukunftsängste sind doch deutlich auf das Thema "Ausländer" bezogen.
Das Thema Asylrecht und Asylbewerber schließlich nahm sowohl in der Wahrnehmung der dominierenden Massenmedienthemen als auch im Problembewußtsein der Deutschen einen Spitzenplatz in der Agenda ein und zwar noch vor den Problemen der Wiedervereinigung. So wurde 1992 der Themenblock Ausländer, Asyl und Rechtsextremismus von 39% der Bevölkerung als größtes politisches Problem genannt, weit vor allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Problemen (22% ,z.B. Arbeitslosigkeit) und spezifischen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Wiedervereinigung (FUNK, WEIß 1995:22).
Fremdenfeindlichkeit wurde in dem sich verschärfenden Klima insbesondere in der seit 1990 intensiver geführten politischen Debatte um den Artikel 16 des Grundgesetzes und damit gegen das Stereotyp des "Asylanten" deutlich. Dennoch sind auch deutliche Änderungen der Haltung der Bevölkerung gegen Ausländer insgesamt damit in Verbindung zu bringen.
Im Januar 1985 und September 1989 stellte das Institut für Demoskopie (IfD) in Allensbach (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:530) die Frage: "Sind Sie alles in allem dafür oder dagegen, daß mehrere Millionen Ausländer bei uns leben ?". Konstant waren in beiden Umfragen 45% dagegen, die Befürworter vermehrten sich leicht von 21% auf 24%. 34% bzw. 31% waren unentschieden. Im Dezember 1991 gab es jedoch schon für 65% der Westdeutschen zu viele Ausländer in Deutschland, während dies 59% der Ostdeutschen glaubten. 71% bzw. 64% glaubten im Dezember 1991, die Mehrheit der Deutschen sei gegen Ausländer eingestellt. 26% bzw. 19% fühlten sich "...alles in allem durch Ausländer gestört" (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:531).
Die Krisenstimmung der Bundesbürger geht einher mit falschen Wahrnehmungen und Einschätzungen von Situation und Meinungsklima, mit übertriebenen und stereotypen Vorstellungen von der Krise und ihren Ursachen.
Die EICHSTÄTT-Studie (LAMNEK, FUCHS 1992) belegt, daß auch in Gebieten, in denen der Ausländeranteil dem Bundesdurchschnitt entsprach und keine Asylbewerber untergebracht wurden, die Wahrnehmung des Ausländeranteils weit überschätzt und eine kaum mögliche Präsenz von Asylbewerbern perzipiert wurde. Sie bestätigt die Tendenz, daß die Beurteilung von Asylbewerbern weit schlechter war als die von Gastarbeitern und Aussiedlern. Sie zeigt aber auch, wie sehr soziale Erwünschheiten und falsche Wahrnehmungen durch Überbetonungen in Massenmedien und Öffentlichkeit das Urteil der Bevölkerung bestimmen.
Die Eichstätter haben einen Ausländeranteil von 6%, dennoch haben sie bei Nachfrage mit unverhältnismäßig vielen ausländischen Mitbürgern Kontakt bzw. engeren Kontakt. Sie schätzen den Ausländeranteil in der BRD auf durchschnittlich 12% und haben den Angaben nach unverhältnismäßig viel Kontakte zu Asylbewerbern - obwohl es in Eichstätt und näherer Umgebung kein Asylbewerberheim gibt. Das wußte aber kaum einer der Befragten, die größtenteils davon überzeugt waren, auch mit Asylbewerbern zu tun zu haben. Bei mindesten 20% der Befragten konnten ausländerfeindliche Haltungen , besonders gegen Asylbewerber festgestellt werden.
Die Tendenz zeigt sich auch in der bundesweiten Empirie: So hielten die Bundesbürger "...die Probleme, die in der Bundesrepublik durch den Zustrom von Asylanten entstanden sind" (IfD-Umfrage 5056, zit.n.BROSIUS, ESSER 1995:106) zu 53% für unerträglich, 36% waren gegenteiliger Ansicht. Die Situation an ihrem Wohnort hielten dagegen nur noch 21% für nicht mehr erträglich, 66% waren umgekehrt zufrieden.
Eine Lösung des Asylproblems durch die Politik genoß bereits vom Beginn der Asyldebatte an kein großes Vertrauen bei der Bevölkerung. Bereits im Oktober 1990 glaubten in ganz Deutschland 60%, die Politiker würden sich nicht ernsthaft um die Lösung des Asylproblems bemühen (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:537). Die Empirie zeigt, daß die Bürger auch im Laufe der politischen Asyldebatte nur wenig Vertrauen in die Politiker hatten.
Auch der Begriff des "Asylanten" machte in kurzer Zeit negative Karriere, sowohl in der Öffentlichkeit wie auch in den Umfragen. Im November 1988 brachten nur 2% (!) den Begriff des Asylbewerbers in Zusammenhang mit dem Begriff "Wirtschaftsflüchtling", 33% dagegen ordneten Asylbewerbern den Status politisch Verfolgter und Regimegegner zu (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:528). Im Dezember 1991 assoziierten das nur noch 15% sowohl in Ost wie in West. 17% bzw. 7% sprachen von "Scheinasylanten" oder gar "Schmarotzern", 14% bzw. 11% fiel der Terminus "Wirtschaftsflüchtling" ein (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:537).
Nach den Ausschreitungen von Hoyerswerda im September 1991 befragte das POLITBAROMETER (Nach OHLEMACHER 1994:230) die Bundesbürger in Ost und West, ob sie glaubten, daß die meisten Asylbewerber das Asylrecht mißbrauchen würden. Zwischen Oktober 1991 und Dezember 1992 wurden dabei im Westen zwischen 62,6% (Minimum) und 76,5% (Maximum) gemessen, die der Ansicht waren, die meisten Asylbewerber würden das Asylrecht mißbrauchen. Im Osten waren es wesentlich mehr: Das Politbarometer registrierte Werte von 77,2% bis 86,9%.
Wie sich noch zeigen wird, ergeben sich starke Zusammenhänge zwischen diesen Daten und der Entwicklung fremdenfeindlicher Delinquenz bzw. Gewalt. Diese läßt sich nach OHLEMACHER (1994:227) als wellenförmig beschreiben (Siehe Grafik hier) , wobei die medialen Großereignisse Hoyerswerda, Rostock, Mölln (23.10.1992) und Solingen (29.5.1993) sichtlich keinesfalls als Auslöser des Ansteigens der Kurve gelten können, da sie zeitlich auf einer bereits ansteigenden Kurve liegen. Das gilt besonders für die Progrome von Hoyerswerda und Rostock. Die Morde von Mölln liegen exakt auf der Spitze einer Welle, die Morde von Solingen dagegen fast am Fuße einer ansteigenden Welle. So kann die Wahrnehmung der Ereignisse von Mölln zu einem Rückgang der Delinquenz geführt haben, im schrecklichen Gegensatz dazu ist es auch möglich, zu behaupten, daß die Morde von Solingen das Ansteigen der Delinquenzwelle katalysiert haben.
Im Oktober 1991, unmittelbar nach den progromähnlichen Ausschreitungen von Hoyerswerda, waren 18% der Bürger im Westen und 16% der Bürger im Osten der Meinung, daß man "...offensichtlich Rabatz machen muß, damit sich was tut" (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:531). Sie betonen damit sozusagen die von HEITMEYER (et al. 1992:14ff.) in seinem Stufenmodell der Gewalt benannte Unvermeidlichkeit von Gewalt oder zeigen sogar Sympathie. Immerhin 75% bzw. 77% waren aber noch der Meinung, daß die Gewalt in jedem Fall verurteilt und bestraft werden müßte (KÖCHLER, NOELLE-NEUMANN 1993:531). Selbst nach den Morden von Mölln, in einer Umfrage im Dezember 1992 ändern sich diese Zahlen nicht wesentlich: 17% bzw. 21% haben weiterhin Verständnis, 78% bzw. 73% verurteilen fremdenfeindliche Straftäter (IfD-Umfrage 5074, zit.n. BROSIUS, ESSER 1995:102)(13) .
Bei den Sympathisanten fallen spezielle Bevölkerungsgruppen durch eine Dominanz auf: Es sind besonders die Gruppen, in die auch der größte Teil der fremdenfeindlichen Täter eingeordnet werden kann: Personen mit eher geringem formalen Bildungsgrad und besonders Männer zwischen 16 und 29 Jahren (BROSIUS, ESSER 1995:103).
Immerhin machten die Sympathisanten und Verständnis für die Täter offenbarenden Bundesbürger "nur" ungefähr ein sechstel der Bevölkerung aus.
Jedoch nach ihren Wahrnehmungen befragt, ob denn die Mehrheit der Bürger Verständnis für die Täter habe, ergaben sich für die Grundgesamtheit der Bürger Deutschlands im Oktober 1991 völlig andere Zahlen, die eine "public ignorance" (14) der Deutschen offenbarte:
58% der Bürger glaubten, die Mehrheit der Deutschen habe Verständnis für die Täter, nur 34% schätzten die wahren Mehrheitsverhältnisse richtig ein (IfD-Umfrage 5056, zit.n.BROSIUS, ESSER 1995:106).
Diese Wahrnehmung der Mehrheit der Bevölkerung und - wie ich annehme: auch der Mehrheit der Straftäter - ist das Kerndatum, auf das sich die These von einem fremdenfeindliche Delinquenz legitimierenden Meinungsklima stützen kann.
Gerade bei diesem Datum muß man sich auch fragen, wie dieser offensichtlich für die Situation in Deutschland fatale Irrtum zustande gekommen ist, wenn nicht durch eine Interaktion zwischen einem tendenziösen Meinungsklima und der Selektivität der Massenmedien.
Zusammengefaßt zeigt sich in den Daten eine Zuspitzung der Situation seit 1990:
Die Empirie präsentiert eine wachsende nachweisbare, weil ausgesprochene Fremdenfeindlichkeit.
Eine Mehrheit meinte, es würden sowieso schon zu viele Ausländer in der Bundesrepublik leben. Die Bürger hatten überwiegend den Eindruck, die Zuwanderungszahlen sein zu hoch bis geradezu bedrohlich. Ebenfalls eine Mehrheit meinte, die Zuwanderung beruhe zum größten Teil auf dem Mißbrauch von deutschem Recht. Das Bild vom Asylbewerber, zuvor schon nicht positiv, wurde zum Zerrbild des "Asylanten". Die Mehrheit der Bevölkerung meinte schon 1990, die Politiker wollten oder könnten das Problem nicht lösen. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung billigte in der einen oder anderen Form tatsächlich die Gewalt gegen Asylbewerber, die Mehrheit glaubte gar, die Mehrheit der Deutschen billige die Übergriffe in irgendeiner Form.
Welche Zusammenhänge lassen sich nun von diesen Daten zu den Medieninhalten bzw. ihrer Rezeption herstellen ?

4.2 Die Berichterstattung der Massenmedien

Wie sieht die Berichterstattung über das Asylthema nun aus ?
Bestätigen sich hier die Thesen unter 3.2 Punkt A), daß konfliktorientiert und negativistisch berichtet wurde, daß Asylbewerber negativ stereotypisiert dargestellt wurden und wurde der Eindruck vermittelt, die Politik könne das Problem nicht lösen ?
Und welche Bezüge ergeben sich zu den o.g. demoskopischen Daten ?
SCHLEMMER und HÖMBERG (1995) zeigen in ihrer Inhaltsanalyse von 835 Artikeln aus 6 Zeitungen für den Zeitraum von 1990-1993 (15), daß die Medieninhalte und die Berichtstendenz dazu geeignet war, Wahrnehmungen zu erzeugen bzw. zu verstärken, die den demoskopisch ermittelten Daten entsprechen.
So nahmen konfliktträchtige Variationen des Themas den weitaus größten Raum ein: Hauptthema ist die Asylpolitik bzw. das Asylrecht mit ca. 38% der Artikel, es folgt die Frage der Unterbringung von Asylbewerbern mit 12% (16). Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Befürchtungen der Bundesbürger bezüglich der Wohnungsnot, die im letzten Abschnitt deutlich wurde.
In rund 10% wird die Gewalt gegen Asylbewerber thematisiert, in 6,8% der Artikel steht dagegen Kriminalität von Asylbewerbern im Mittelpunkt. Lediglich 4% der Artikel beschäftigten sich mit Fluchtursachen, der Lebenssituation der Asylbewerber oder einem positivem Zusammenleben von Asylbewerbern und Deutschen.
53% der Artikel nennen Ursachen des Asylproblems, 46% mögliche Lösungen. In 27% der Artikel, die Ursachen nannten, wird die Zahl der Asylbewerber für das Asylproblem verantwortlich gemacht, in 22% Einstellungen und Motive der Inländer, 16,5% sehen die Ursache bei der Administration und 13% betonen die Motive der Asylbewerber (Asylmißbrauch). In 40% dieser Artikel erscheinen also die Asylbewerber auf die eine oder andere Art als Ursache der Krise.
Betrachtet man nur die Kommentare der Journalisten, wird hauptsächlich die politische Administration zur Verantwortung gezogen. In 65% der betreffenden Artikel wird eine administrative Lösung präferiert, in 2,3% der Artikel wird als Lösung gar Gewalt genannt. Die Tendenz entspricht der Wahrnehmung der Bürger, daß die Lösung des Asylproblems zwar Sache der Politiker sei, von denen sie aber nicht glauben, daß diese sich ernsthaft darum bemühen.
Das negative Bild des Asylbewerbers in der Demoskopie findet auch in den Massenmedien seine Entsprechung:
Asylbewerber werden überwiegend als eine amorphe, bedrohlich erscheinende Masse (69%), als Belastung (49,2%) und passive Objekte dargestellt, wenn einmal personalisiert, dann überwiegend in Verbindung mit Kriminalität, entweder als Täter oder Opfer. Wertende Aussagen über Asylbewerber sind, soweit sie gemacht werden, überwiegend negativ besetzt (42%).
Asylbewerber oder ihre Interessenvertretungen kommen so gut wie gar nicht zu Wort, in normalen Kontexten tauchen sie überhaupt nicht auf. Für die selektive Suche nach ausländerfeindlichen Stereotypen ist die Berichterstattung in den Printmedien für geneigte Leser eine Fundgrube der Argumentationshilfen. Die Überbetonungen und Stereotypisierungen sowie die Themensetzungen und -strukturierungen manifestieren ein - zunächst noch spezifisch, d.h. gegen Asylbewerber gerichtetes - ausländerfeindliches Klima, daß dann später von Straftätern und Rechtsextremisten auf alles Fremde generalisiert wurde. Für den hier interessanten Zeitraum 1990-1993 fehlen leider relevante Inhaltsanalysen der Fersehenberichterstattung.
BROSIUS und ESSER (1995:91) haben zwar Nachrichtensendungen erfaßt und kodiert, dabei wurden aber lediglich Themen zum Themenblock Ausländer, Asylbewerber, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus gezählt, um sie in Zeitreihenanalysen in Beziehung zu ausländerfeindlichen Straftaten zu setzen. Die inhaltliche Differenzierung in der Analyse der Berichterstattung ist hier nicht gegeben.
Man kann aber davon ausgehen, daß die Tendenz in den audiovisuellen Medien nicht sehr stark von den Printmedien abweicht, weil es kaum vorstellbar ist, daß einerseits die Printmedien gegen eine Tendenz in anderen Massenmedien anschreiben, andererseits Fernsehnachrichten, die ebenso dem Zwang zur Nachrichtenauswahl und Selektion der Informationen ausgesetzt sind, inhaltsanalytisch ein grundsätzlich anderes Bild zeigen als die schreibende Presse.
Unterschiede in der Berichterstattung zwischen Printmedien und Fernsehen sind jedoch bei der Intensität (17) zu verzeichnen:
Zwischen den vier medialen Schlüsselereignissen von Hoyerswerda bis Solingen ging die Berichterstattung über das Thema stärker als bei den Printmedien zurück. Die Berichterstattung der untersuchten Nachrichtensendungen ist in ihrer Intensität aber einheitlich, wie hohe Korrelationen zwischen den Sendern nachweisen (BROSIUS, ESSER 1995:125f.).
Zusammengefaßt findet sich in der Berichterstattung Bestätigungen für die Thesen, die unter 3.2 Punkt A) genannt wurden. Die Medieninhalte zeigen auch überwiegend Konsonanz mit dem vorzufindenden Meinungsklima, zumindest für das Jahr 1992.

4.3 Die Medienrezeption

4.3.1 Die Thematisierungsfunktion der Berichterstattung

Die Medienbotschaften hatten also inhaltlich durchaus die Qualität, Wirkungen hinsichtlich der erörterten demoskopischen Daten zu zeigen. Die Frage ist aber: Sind die Medieninhalte auch so rezipiert worden ?
Leider fehlen auch hier detailliertere Daten, die die Rezeption der Berichterstattung messen. Immerhin liegen bezüglich der Thematisierungsfunktion der Massenmedien Daten vor.
In der Untersuchung von FUNK und WEIß (1995) werden Zusammenhänge zwischen Medienrezeption und der Einschätzung der Themenblöcke Ausländer,Asylrecht,Asylbewerber einerseits und Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus andererseits als nationales Problem deutlich. Zu bedenken ist bei den Ergebnissen allerdings, daß die ausgewerteten Daten, die der Sekundäranalyse täglicher Telefonumfragen des FORSA-Institutes entstammen, aus dem (gesamten) Jahr 1992 stammen. Bezüglich der Thematisierungsfunktion der Medien kann man also für das Thema Ausländer,Asylrecht, Asylbewerber schwächere Zusammenhänge erwarten als für Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus, da ersteres Thema in den Medien schon einen Vorlauf von einigen Jahren hatte (18), das Jahr 1992 jedoch traurige Spitzenwerte der fremdenfeindlichen Delinquenz verzeichnete.
In einem Modell mit den demographischen Variablen Alter und formale Bildung sowie einer weiteren kognitiven Variablen - Parteiorientierung - fanden FUNK und WEIß einen nur noch schwachen, dafür aber signifikanten Einfluß der Medienrezeption des Themas Ausländer, Asylrecht, Asylbewerber (.09) (19) auf die Nennung des entsprechenden vorrangigen politischen Problems. Im Sinne des transaktionalen Modells fanden sie umgekehrt einen etwas stärkeren, signifikanten Einfluß des Problembewußtseins (.11) auf die Medienrezeption.
Die Berichterstattung führt also einerseits dazu, das Problem als bedeutsam einzustufen. Auf der anderen Seite führt das gesteigerte Bewußtsein für das Problem dazu, dieses Thema in der Berichterstattung der Massenmedien besonders aufmerksam zu verfolgen. Interessant ist ferner, daß die Medienrezeption des Themas Ausländer, Asylrecht, Asylbewerber von den anderen Variablen im Modell kaum signifikant beeinflußt wird (20). Die Einschätzung des Themas als bedeutsames nationales Problem hingegen wird neben der Medienrezeption auch von der Parteipräferenz (.09)(21) und vor allem von der formalen Bildung (-.11) beeinflußt.
Obgleich diese multiplen Regressionen nur noch schwach erklärende Modelle (22) sind, können sie als Wirkungsspuren von Transaktionen der Jahre zuvor betrachtet werden. Die transaktionalen Effekte zum Thema Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus sind dieser Annahme entsprechend auch wesentlich deutlicher, weil gerade 1992 aktueller, die Modelle insgesamt stärker erklärend.
Hier ist hervorzuheben, daß nur die Variable Problembewußtsein signifikant die Medienrezeption des Themas Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus stimuliert (.19). Umgekehrt sehen die Effekte auf die Einschätzung des Themas als nationales Problem folgendermaßen aus: Medienrezeption (.13), Parteienpräferenz (-.07) und Alter (-.13).
Berücksichtigt man den Kontext bzw. den Zeitraum, in dem diese Ergebnisse zustande kamen, kann man von einer stärkeren Thematisierungsfunktion der Massenmedien vor 1992 ausgehen.

4.3.2 Der Zusammenhang von Medienrezeption und Meinungsklima

In dem eingangs erläuterten Wirkungsmodell wird erwartet, daß Medieninhalte über die Medienrezeption das Meinungsklima stark beeinflussen, was sich dann wieder auf die Medieninhalte auswirkt.
Ebenso wurde angenommen, daß Medieninhalte zum einen direkte, zum anderen über das Meinungsklima indirekte Effekte auf ausländerfeindliche Kriminalität und Gewalt haben. Im oberen Abschnitt wurde zwar festgestellt, daß die demoskopischen Daten mit den Medieninhalten insofern konsistent sind, daß letztere durchaus die inhaltlichen Voraussetzungen geboten haben, bei Rezipienten den demoskopischen Daten entsprechende Wahrnehmungen zu verstärken oder gar hervorzurufen bzw. Latenzen zum "speaking out" (OHLEMACHER 1994) zu verhelfen. Es fehlen jedoch bislang Zusammenhänge zwischen der Medienrezeption und dem Meinungsklima.
Hier ist leider ein "empirisches Loch", denn außer den o.g. Daten von FUNK und WEIß, die sich lediglich auf den Zeitraum 1992 beziehen und sehr einfach operationalisiert sind, konnte ich bezüglich der Medienrezeption keine anderen Daten finden. Das würde jedoch für den gesamten hier verhandelten Zeitraum auch nicht viel helfen, denn leider fehlen für diesen Zeitraum 1990-1993 auch auf der Seite der Rezipienten konstant operationalisierte Indikatoren für Ausländerfeindlichkeit, die mit eventuellen Kodierungen der Medienrezeption in einer Zeitreihenanalyse in Beziehung gesetzt werden könnten (23).
Somit kann hier nicht mit letzter empirischer Sicherheit geklärt werden, ob Ausländerfeindlichkeit durch die Berichterstattung verstärkt wurde oder ob die Berichterstattung lediglich die Ausländerfeindlichkeit abbildete. Immerhin kann - wenn auch mit recht löchrigen Daten und innerhalb eines kleinen Zeitraums, nämlich des Schlüsseljahres 1992 - die Wahrnehmung der Bundesbürger über den Asylmißbrauch in Beziehung gesetzt werden zu ihrer Wahrnehmung über das dominante Medienthema Ausländer, Asylrecht und Asylbewerber (24) (Siehe FUNK,WEIß 1995) und der Nennung des wichtigsten politischen Problems (25), wobei sich interessante Ergebnisse hinsichtlich der Effekte in Ost- wie in Westdeutschland ergeben, die in den Rahmen des Bildes von den Medienwirkungen passen, wie es hier entworfen wurde.
Zunächst wurden die Variablen zeitlich synchron miteinander korreliert (Siehe Tab. 2). Dabei ergibt sich für den Osten Deutschlands ein nahezu perfekter hochsignifikanter Zusammenhang der Asylmißbrauchswahrnehmung mit der Medienrezeption. Für den Westen Deutschlands dagegen wird - bedenkt man die Datenbasis - ein als weniger stark zu beurteilender Wert gemessen.
Um festzustellen, wie die Wahrnehmung des Asylmißbrauchs kausal korreliert ist mit der Wahrnehmung des wichtigsten Medienthemas, habe ich beide Datensätze asynchronisiert, indem ich die Werte für Medienrezeption jeweils um einen Monat nach hinten und nach vorn auf der Zeitachse verschoben habe.

Tabelle 2: Der Zusammenhang zwischen

Meinungsklima und Medienrezeption

synchronasynchron asynchron
PrädiktorBeideWahrnehmung

Asylmißbrauch

Nennung wichtigstes Medienthema
r Osten0,979***0,68 0,91**
r Westen0,69*0,32 0,90**
Signifikanz: *=0,05 **=0,01 ***=0,001

Trotz des groben Zeitmaßes kann eine solche Prozedur doch Aufschluß darüber geben, in welcher Richtung der "kausalere", also sequentiell verstärkende Faktor eher liegt:
Hat die Wahrnehmung des Asylmißbrauchs eher verstärkende Effekte auf die Berichterstattung, hier lediglich gemessen durch ihre Wahrnehmung durch den Rezipienten ?
Oder verstärkt die Berichterstattung mehr die Wahrnehmung des Asylmißbrauchs ?
Die Ergebnisse weisen deutlich auf die letzte Vermutung, selbst im Westen Deutschlands ergibt sich nun ein hoher Wert mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit geringer als 1%.
Die Zusammenhänge zwischen der Wahrnehmung als politisches Problem und der Wahrnehmung Asylmißbrauch im Osten des Landes mit r= 0,787* sind dann nicht mehr ganz so überzeugend. Die Problemwahrnehmung spielt dagegen im Westen eine größere Rolle: Perzeption Asylmißbrauch West korreliert hochsignifikant (r= 0,92***) mit der Nennung des größten politischen Problems Ausländer, Asylrecht, Asylbewerber. Dies spricht wiederum für die These, daß die Vorlaufzeit des Themas in Massenmedien und Öffentlichkeit für die Problematisierung im Westen länger war.
Offensichtlich war die Thematisierungsleistung der Medien im Osten des Landes zu diesem Zeitpunkt (1992) noch stärker als im Westen, wo das Themas schon in den achtziger Jahren gelegentlich an der Spitze der Agenda stand.
Zusammenfassend kann man sagen, daß in der Interaktion zwischen Meinungsklima und Medienrezeption die Massenmedien stärker die führende Rolle einnehmen, als der Berufsgruppe der Journalisten im Rückblick lieb sein kann. Ganz offensichtlich hat ihre Behandlung des Themas die unintendierte Folge gehabt, bei den Rezipienten den Eindruck des massenhaften Mißbrauchs des Asylrechts zu verstärken bzw. zu verfestigen - und das nach den Ausschreitungen von Hoyerswerda 1991 und deutlich gestiegener fremdenfeindlicher Delinquenz in der Folge. Bedenkt man nun die "public ignorance" über das Verständnis der Bevölkerung für fremdenfeindliche Delinquenten, kann man einen ähnlichen Prozeß des Einflusses der Berichterstattung auch für dieses Item vermuten.

4.3.3 Medienrezeption und ausländerfeindliche Kriminalität

Die besten verfügbaren Daten, die als Indikatoren für Ausländerfeindlichkeit nahezu über den gesamten Zeitraum (von 1991 bis 1993) verfügbar sind, bestehen in einer Erfassung aller fremdenfeindlichen Straftaten durch das BUNDESKRIMINALAMT, auf die auch BROSIUS und ESSER (1995) zurückgreifen. Die beiden Autoren finden ja bereits deutliche Zusammenhänge zwischen Berichterstattung und Delinquenz, die auf sequentielle Interaktionen hinweisen (Vergl. 2.3).

Tabelle 3: Der Zusammenhang zwischen

Meinungsklima und fremdenfeindlicher Gewalt

synchronasynchron asynchron
PrädiktorBeideWahrnehmung

Asylmißbrauch

fremdenfeindliche

Delinquenz

r Osten0,879**0,898** 0,683*
r Westen0,676*0,887** 0,597*
Signifikanz: *=0,05 **=0,01 ***=0,001

Getreu der hier vertretenen These, daß die Straftaten Ausdruck einer über die Straftäter hinaus in größeren Bevölkerungsteilen latenten, nun ausgesprochenen Ausländerfeindlichkeit sind, müssen sich hier starke Zusammenhänge zwischen Delinquenz und Meinungsklima ergeben.
OHLEMACHER (1994:232; Siehe Tab.3) findet auch starke positive Zusammenhänge zwischen der Wahrnehmung des Asylmißbrauchs und der ausländerfeindlichen Kriminalitätsquote:
Dabei ist der Effekt im Osten des Landes - vergleicht man die Ergebnisse unter 4.3.2 - mit einem r= 0,879** erwartungsgemäß stärker als im Westen. Und bei einer asynchronen Regression ergeben sich ebenfalls Hinweise darauf, daß Veränderungen des Meinungsklimas zeitlich vor den ausländerfeindlichen Übergriffen liegen, ein Bild, daß bereits umgekehrt bei der Medienrezeption der Fall war. Bei der asynchronen Regression zeigen sich auch bezüglich der regionenspezifischen Effekte Parallelen mit dem Effekt der Medienrezeption auf das Meinungsklima: Im Westen wird nun eine stärkere Beziehung deutlich (r= 0,887**), im Osten gibt es allerdings eine nur geringfügige Veränderung (r= 0,898**).
Da ich in dieser Arbeit unterstelle, daß zum einen die Berichterstattung der Massenmedien Effekte auf das Meinungsklima haben, das Meinungsklima andererseits Effekte auf die ausländerfeindliche Kriminalität zeigt, passen die Ergebnisse der Regressionen zumindest zeitlich und kausal in dieses Bild.
Da die Berichterstattung aber auch direkte Effekte auf ausländerfeindliche Delikte zeigt, wie BROSIUS und ESSER (1995) messen, müßte demnach die Medienrezeption auch stärkere Effekte auf die Straftaten haben. Man würde erwarten, daß dieser Einfluß sogar noch stärker ausfallen würde als der des Meinungsklimas. Tatsächlich ist das auch der Fall: Bei einer bivariaten Regressionsanalyse von ausländerfeindlicher Kriminalität auf die Wahrnehmung des wichtigsten Medienthemas Ausländer,Asylrecht und Asylbewerber ergibt sich mit einem r= 0,95*** das erwartete Ergebnis.

5. Zusammenfassung

In den Analysen wurden starke Korrelationen zwischen Meinungsklima, fremdenfeindlicher Delinquenz, der Berichterstattung der Massenmedien und ihrer Rezeption deutlich:
OHLEMACHER (1994) hatte bereits die starken Zusammenhänge zwischen Meinungsklima und ausländerfeindlichen Straftaten gezeigt. BROSIUS und ESSER (1995) stellten die Verbindung zwischen Berichterstattung und der fremdenfeindlichen Gewalt her. Ihre Analysen präsentieren bereits das Wechselspiel der Führungsrollen von Berichterstattung und Straftaten. Die Ergebnisse meiner Analysen zeigen dann den starken Einfluß der Medienrezeption auf das Meinungsklima bzw. auf die fremdenfeindliche Delinquenz, der sich über das Problembewußtsein wiederum auf die Berichterstattung über den Themenblock niederschlägt.
Auch die deskriptiven Daten bestätigen die Annahmen des Medienwirkungsmodells:
Es gibt starke Anhaltspunkte für eine verbreitete fremdenfeindliche Prädisposition potentieller Rezipienten bereits vor 1990 in beiden Deutschlands. Diese Fremdenfeindlichkeit kommt nach 1990 offener zur Sprache. Die Medieninhalte der Berichterstattung zeigen Konsonanz mit dem fremdenfeindlichen Meinungsklima.
Die empirischen Daten und Ergebnisse der Analysen haben also Grundannahmen des Medienwirkungsmodells bestätigt. Wenngleich andere Annahmen ohne empirische Fundierung bleiben mußten, kann man doch aus den vorhandenen Daten die Interaktion zwischen Meinungsklima und Massenmedien gut ablesen, in der die Berichterstattung der Massenmedien in bestimmten Zeitsequenzen, gerade für den Zeitraum von 1992, sozusagen die Führungsrolle übernimmt. Sie hat nachweisbar verstärkende, wenngleich sicherlich unintendierte Effekte auf Ausländerfeindlichkeit und ausländerfeindliche Gewalt.
Die Massenmedien haben aber weder die Ausländerfeindlichkeit noch die ausländerfeindliche Gewalt der Jahre 1990-1993 ausgelöst, sondern bestenfalls zu bestimmten Zeitpunkten katalysiert bzw. einer bereits vor 1990 latenten Fremdenfeindlichkeit in Eskalationen Zug um Zug zum "speaking out" verholfen.
Ausländerfeindlich prädisponierte Rezipienten zeigten dann auch nach 1989 mehr Wirkung durch die intensivere Berichterstattung über die Themen Ausländer, Asylrecht und Rechtsextremismus als andere Akteure, indem sie sich offener zu mehr oder weniger sozial akzeptierten fremdenfeindlichen Attitüden bekannten oder Verständnis und gar Sympathie für fremdenfeindliche Straftäter äußerten. Offensichtlich sind vor allem diese Akteure in der Berichterstattung der Massenmedien zur Sprache gekommen oder von der Mehrheit der Bevölkerung wahrgenommen worden. Denn die Bevölkerung perzipierte ein weit fremdenfeindlicheres Meinungsklima bzw. größere Unterstützung für die Gewalttäter, als die Demoskopie verzeichnete. Dies ist sicherlich auch auf die Berichterstattung der Massenmedien zum Thema Ausländer, Asylrecht und Rechtsextremismus zurückzuführen, aber nicht allein auf die Aktivität der Journalisten bzw. die Art und Weise der Berichterstattung. Neben den unvermeidlichen Restriktionen, denen jegliche Berichterstattung im Verhältnis zur Realität unterworfen ist - also unvermeidliche Reduktion der Komplexität des Themas, Verkürzungen und Fokussierungen - sind zwar auch überflüssige Betonungen, Stereotypisierungen und Negativismen in Artikeln und Fernsehsendungen zu verzeichnen. Der Vorwurf an die Massenmedien, Panikmache der Bevölkerung, negative Attribuierung potentieller Opfer und Mobilisierung fremdenfeindlicher Täter betrieben zu haben, ist aber zu hart. Allenfalls zeigen die Analysen, daß das Gros der Massenmedien relativ kritiklos einem Meinungsklima folgte bzw. es selektiv präsentierte, für das sie gerade an den medialen Höhepunkten der Gewalt gegen Ausländer (1992) die Führung in puncto Thematisierung und Strukturierung übernahmen und zu weiterer Eskalation beitrugen.
Es ist verfehlt und häufig politisches Kalkül, mit dem Finger allein auf die Massenmedien und die Berichterstattung zu zeigen. Medienberichterstattung wird zu einem großen Teil gerade von Akteuren außerhalb des Mediensystems mitbestimmt, nämlich von Politikern, die genau wissen, daß das, was sie sagen, in die Öffentlichkeit diffundiert wird.
Politiker von Volksparteien, die aus welchen Kalkülen auch immer heraus Asylpolitik zur Existenzfrage des Landes machen, können nicht unzitiert bleiben. Wenn im Falle von Rostock die Verantwortlichen durch die Evakuierung der Opfer fremdenfeindlichen Akteuren falsche Signale geben, kann der Journalist diese Aktion nicht verschweigen. Wenn der größte Teil des politischen Systems die Eskalation der Gewalt permanent mit hektischen Asyldebatten beantwortet, als wäre dies die einzige Antwort auf den Mob und sozusagen die Asylbewerber als "Asylbetrüger" zum Abschuß freigibt, gehen auch kritische Kommentare von Journalisten in der Flut populistischer Forderungen unter.
Das heißt wiederum nicht, daß der Journalismus dieser Jahre sich auf das Alibi zurückziehen kann, man habe lediglich berichtet und die Wirklichkeit präsentiert. Tatsächlich hat es schlimme Ausfälle gegeben, wurden z.B. rechtsextreme Protagonisten von den Medien hofiert, Skinheads für medienwirksamen Einsatz vor den Kameras bezahlt und - mit womöglich größtem Effekt - Asylbewerber als Kriminelle diffamiert.
Dieser Fehler sind sich Medienvertreter auch bewußt. Immerhin haben sie hier zumindest theoretisch Konsequenzen gezogen. In den publizistischen Grundsätzen (DEUTSCHER PRESSERAT 1994:195ff.) werden zum Beispiel Nationalitätsnennungen oder Religionszugehörigkeit bei Berichten über Straftäter inzwischen nur als ethisch zulässig betrachtet, wenn "...für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, daß die Erwähnung Vorurteile gegenüber schutzbedürftigen Gruppen schüren könnte" (1994:211).
Ob diese für die Presse allgemein verbindlichen Richtlinien eingehalten werden, ist allerdings z.B. angesichts der Qualität von Berichterstattungen insbesondere in den kommerziellen audiovisuellen Medien höchst fraglich.
Hier scheint insbesondere der Ausbildungsstand der Journalisten und die Qualität der Berichterstattung inzwischen einen Tiefpunkt erreicht zu haben. Ausgerechnet aber unter diesen Defiziten leidende Fernsehmagazine wie "EXPLOSIV" (RTL), "TAFF" (PRO7), "AKTE 95" (SAT1), "DIE REDAKTION" (RTL2) oder "DIE REPORTER" (PRO7), die offensichtlich mit extremen Verkürzungen und bis zur Karrikatur verzerrten Stereotypen von Minderheiten arbeiten, haben hohe Einschaltquoten.
Auch wenn in den Massenmedien weniger thematisiert, ist die Fremdenfeindlichkeit und die fremdenfeindliche Gewalt nach wie vor stark verbreitet. Die "Gewalt von rechts" (26) war 1994 noch auf dem Level des Jahres 1991 und nach wie vor kann man davon ausgehen, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung fremdenfeindliche Attitüden teilt. Ein fremdenfeindliches und gewaltpermissives Meinungsklima ist schnell erzeugt, wenn sowohl Politik wie Massenmedien erneut die Rollen spielen, die sie bis 1993 besetzten.
Solingen hat zwar viele wieder zum Schweigen gebracht, aber wahrscheinlich nur wenige belehrt.


LITERATUR
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Fußnoten

(1) Zu eklatanten Beispielen siehe BROSIUS,ESSER (1995:215ff.). zurück

(2) BILD-Zeitung 2.4.1992. zurück

(3) In dieser Arbeit werden die Begriffe "Ausländerfeindlichkeit" und "Fremdenfeindlichkeit" zur Vereinfachung synonym verwendet. Das gleiche gilt für "fremdenfeindliche Delinquenz" und "ausländerfeindliche Gewalt". zurück

(4) Die Indikatoren zur Messung krasser Vorurteile basieren letztlich auf zwei verschiedenen Grundkomponenten von Vorurteilshaltungen: 1. Der Überzeugung der genetischen oder kulturellen Minderwertigkeit der Outgroup, aus der sich Rejektionsgründe oder Bedrohungswahrnehmungen herleiten. 2. Ablehnung intimer Kontakte mit der Outgroup, aus der sich Exogamieverbote und Rejektionen von Outgroupvorgesetzten am Arbeitsplatz herleiten. PETTIGREW und MEERTENS verweisen dagegen auf sogenannte "subtle prejudices", die durch drei vergleichsweise weniger offensichtliche Komponenten gekennzeichnet sind: 1.Verteidigung traditioneller Werte der Ingroup 2. Übertreibung kultureller Differenzen zwischen Ingroup und Outgroup 3.Im Gegensatz zur Äußerung negativer Gefühle gegenüber der Outgroup die Verneinung positiver Gefühle gegenüber derselben. zurück

(5) BLANK/SCHWARZER schlagen z.B. vor, den Terminus "Gastarbeiter" durch den Ausdruck "die in der Bundesrepublik lebenden Ausländer" zu ersetzen. zurück

(6) Was nicht affektiv heißen soll, sondern schlicht "kurzfristig geplant". zurück

(7) Allerdings orientiert sich die Fachliteratur bei der Definition immer noch zu stark an der NS-Ideologie und berücksichtigt dabei nicht genügend die sehr viel vielfältigeren Formen des Rechtsextremismus. Im Gegenzug erscheint es mir inadäquat, bei Jugendlichen nach rechtsradikal verfestigten Gesinnungen zu fahnden. Vielmehr geht es hier um rechtsextreme Orientierungen und dazu zählt Fremdenfeindlichkeit. zurück

(8) Dieser Terminus wird noch häufig im Rahmen der Arbeit auftauchen. Ich verzichte deswegen in der Folge auf Anführungszeichen, da damit die Wahrnehmung einer Mehrheit der Bevölkerung bezeichnet wird. Es erscheint mir trotzdem fraglich, wie die Inanspruchnahme eines geltenden Rechtes als Mißbrauch beschrieben werden kann, indem über Motive der Anspruchnehmer spekuliert wird. zurück

(9) Mit "Theorie der Schweigespirale" wird neben dem speziellen Mechanismus auch die allgemeine Kommunikationstheorie NOELLE-NEUMANNS bezeichnet.zurück

(10) Der Terminus kommt nicht zufällig aus dem Pressewesen (LIPPMANN 1922). zurück

(11) Einen kurzen Überblick gibt SCHNEEWIND 1992:86ff. zurück

(12) BROSIUS,ESSER erfaßten hier alle Nachrichten aus dem Themenbereich "Ausländer,Asylbewerber und Fremdenfeindlichkeit", ohne sie inhaltlich zu differenzieren und setzten sie in Beziehung zu fremdenfeindlichen Straftaten. Untersuchungseinheiten waren die Nachrichtensendungen von sechs verschiedenen Sendern.zurück

(13) Das POLITBAROMETER (nach OHLEMACHER 1994:233)kommt zu etwas anderen Werten, insbesondere nach den Morden von Mölln: Von September bis November 1992 erzielte es im Westen Deutschlands Werte von 13,6%, 11,5% und schließlich nur noch 5%. Im Osten wurde lediglich im Oktober 1992 gemessen und 16,2% erzielt. In der Frage war aber nicht die Rede von Verständnis, sondern von Sympathie. zurück

(14) Die Mehrheit täuscht sich über die Mehrheit. zurück

(15) 61% der Artikel sind allerdings in dem "Schlüsseljahr" 1992 erschienen.zurück

(16) Wirft man jedoch nur einen Blick auf die Überschriften, ergibt sich noch ein anderes Bild: 45% thematisieren Asylpolitik bzw. -recht und 18% die Unterbringung von Asylbewerbern ! zurück

(17) "Intensität" bezieht sich auf die Anzahl der Beiträge zum Thema "Asyl und Asylbewerber".zurück

(18) Vgl. MERTEN (1987) und KÜHNE-SCHOLAND (1987). zurück

(19) Signifikant in der multiplen Regression waren ferner formale Bildung (-.12 )und Parteienorientierung (.09). zurück

(20) Lediglich das Alter hat einen schwachen positiven Effekt (.03). zurück

(21) Der Wert liegt also leicht im rechtem Parteispektrum von der definierten Mitte. zurück

(22) Das bezieht sich auf das Bestimmtheitsmaß bzw. die erklärte Varianz. zurück

(23) Mit optimal 9 Monatswerten bei der Asylmißbrauchswahrnehmung ist kein ARIMA möglich. zurück

(24) Frage: "Glauben Sie, daß die meisten Asylbewerber deutsches Recht mißbrauchen, indem sie um Asyl nachsuchen oder glauben Sie, daß das nicht der Fall ist ?", erhoben vom POLITBAROMETER für 1992 (Nach OHLEMACHER 1994:230). Diese Messungen begannen im Oktober 1991 - wohl unter dem Eindruck der Ausschreitungen von Hoyerswerda, wurden dann im Juni bis August 1992 nicht mehr erhoben, bis offensichtlich das Geschehen von Rostock (August 1992) neue Erhebungen initiierte. zurück

(25) Die Daten stammen aus einer Sekundäranalyse der täglichen Telefonumfragen des FORSA-Institutes im Jahre 1992, erstellt durch FUNK und WEIß. Leider konnte hier nicht zwischen West- und Ostdeutschland differenziert werden. zurück

(26) Gemeint sind hier Straftaten von Rechtsextremisten in Deutschland, die sich aus fremdenfeindlichen Straftaten, antisemitischen Gewalttaten, Gewalt gegen politische Gegner und Gewalttaten gegen andere, z.B. gegen Behinderte zusammensetzen. 1990 wurden 306 rechtsextreme Straftaten verzeichnet, 1991 waren es 1489, 1992 der Höhepunkt mit 2639, 1993 leicht sinkend mit 2232 und 1994 wurden immerhin noch rechtsextreme 1489 Straftaten verzeichnet, davon 860 fremdenfeindliche Gewaltakte (BUNDESAMT für VERFASSUNGSSCHUTZ nach: NEUE WESTFÄLISCHE vom 21.8.1995. zurück