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Persönlichkeitstheorien
von Lawrence A. Pervin

UTB Stuttgart 2000


' Der Aufbau der Person ' nach Phillip LERSCH

LERSCH´s Konzeption zählt zu den philosophisch-anthropologisch fundierten Charakterologien, deren Grundfrage die nach dem Wesen des Menschen ist.

Die methodologische Grundlage LERSCH´s kommt dem phänomenologischen Verfahren nahe. Methode ist vor allem die Selbstbeobachtung, um den Ablauf der internen Proezesse des Erlebens zu erfassen. Das Menschenbild ist organismisch.

LERSCH geht es um die Unterschiedlichkeit menschlicher Individuen, er sieht den Menschen als ein "Sonderwesen in der Ganzheit der Welt".
Es dominiert auch hier die Ganzheitlichkeit des Menschen und das Verstehen von Handeln. Anders als in den Naturwissenschaften seien nicht die Kausalzusammenhänge, sondern die Motivation- und Sinnaspekte entscheidend.

LERSCH sieht eine teleologische (sinngerichtete) Struktur des Lebens, die als Sinn geäußert wird. Die Begriffe Selbsterhaltung, Selbstgestaltung und Selbstentfaltung sind zentral.

LERSCH´s personalistisches Konzept betrachtet die Ganzheit der Person unter drei wesentlichen Aspekten:

- dem allgemeinpsychologischen Aspekt, der aktuelle seelische Vollzüge und Inhalte thematisiert.

- dem entwicklungspsychologischen Aspekt, der die Veränderung menschlichen Erlebens zum Gegenstand hat.

- den charakterologischen Aspekt, der die individuelle Ausgestaltung von individuellen Wesensmerkmalen thematisiert.

LERSCH gliedert nun den Aufbau der Person in zwei Dimensionen, der horizontalen als "Funktionskreis des Erlebens" und die vertikale (Schicht) als "intrapersonaler Aufbau". Zentrales Thema des Funktionskreises des Erlebens ist der Person-Umweltbezug. LERSCH unterscheidet hier vier Phänomene:

Strebungen (Motive,Triebe, die den Antriebserlebnissen zur Verfügung stehen).

Gefühlsregungen, die als Anmutungserlebnisse gegeben sind. Überdauernde Formen des Zumuteseins sind stationäre Gestimmtheiten.

Funktionen des Weltinnewerdens/der Weltorientierung, die sich in Wahrnehmungs-, Denk- und Vorstellungsproezessen manifestieren.

wirkendes Handeln oder Verhalten in Bezug auf die Welt, mehr oder weniger willensmäßig

Strebungen können nun durch Wahrnehmungen zu Anmutungserlebnissen führen, die wiederum eine motivierende Funktion (Antriebsgestalt) haben können und Handeln auslösen können. LERSCH unterscheidet drei Antriebsklassen:

Antriebserlebnisse der Über-sich-hinaus-seins: Gemeint sind alle Strebungen, die über die Grenzen der eigenen Individualität hinausreichen wie z.B. Liebe, Geselligkeitsdrang etc.

Antriebserlebnisse des lebendigen Dasein: Diese Klasse zielt auf eine aktive Teilnahme am Leben ab, wie z.B. Genußstreben, Geschlechtstrieb, Abenteuerlust.

Antriebserlebnisse des individuellen Selbstseins: Sie zielen auf Selbsterhaltung und Sicherung der Bedürfnisbefriedigung, z.B. Macht- und Geltungsstreben.

Diese drei Klassen von Strebungen sind analog Gefühlsregungen zugeordnet:
Gefühlsregungen des Über-sich-hinaus-seins: z.B.Liebe, Sympathie, Verehrung.
Regungen des lebendigen Daseins: z.B. Schmerz,Lust, Langeweile.
Und Regungen des individuellen Selbstseins: z.B. Wut, Zufriedenheit etc.
Desgleichen gibt es eine Zuordnung zu den stationären Gestimmtheiten: (o.g.Reihenfolge)
stationäre Gestimmtheiten des Weltgefühls (Optimismus, Sinnlosigkeit),
des Lebensgefühls (Müdigkeit, Heiterkeit,Angst) und
des Selbstgefühls (Eigenmachtsgefühl).

Der intrapersonale Aufbau besteht aus drei vertikalen Schichten:

Lebensgrund: Er umfasst alle Funktionsweisen des Organismus, die sich im Psychischen niederschlagen können.

endothymer Grund: Hier liegt das Zentrum der Strebungen oder Antriebserlebnisse wie o.u. stationären Gestimmtheiten, Strebungen, Gefühlsregungen.

personeller Oberbau: Hier befinden sich die vom ICH gesteuerten Formen des Denkens bzw. denkendes Erfassen und Wollens, aktiv im Gegensatz zum passiven endothymen Grund.

Die Integration dieser beiden letzten erlebnisfähigen Schichten nennt LERSCH das personale Selbst der Person. Diese Instanz bringt im FREUDschen Sinne sozusagen die Ichfunktionen und das Eshafte zusammen.

Soweit der allgemeinpsychologische bzw. anthropologische Aufbau bei LERSCH. Der o.g. charakterologische Aspekt bezieht sich nun auf die individuellen Unterschiede zwischen den Personen in den diversen Phänomenklassen. Z.B. je nach Betonung der Dominanz des endothymen Grundes oder personellen Oberbaus spricht LERSCH von Gefühl- oder Verstandesmenschen. Ersterer ist entweder passiv oder aktiv gefühlsbestimmt, zweiterer ist schlicht von Nüchterheit und wachsender Skepsis mit wachsender Verstandesbetonung. Abhängig z.B. von der Stärke der Strebungen oder ihrer Nachhaltigkeit ergeben sich ebenfalls Unterschiede.

KRITIK:

LERSCHs Konzeption der Person kann nur eine Art Orientierungshilfe zum Verständnis der Persönlichkeit sein, weil eine Ausdifferenzierung des personalen Selbst fehlt. Sein System ist zu statisch, als das z.B. der Enwicklungsaspekt genügend berücksichtigt wird.

Es gibt kaum empirische Überprüfungen dieser subjektiven Konstrukte. Er klärt auch nicht, wie individuelle Unterschiede ausgeprägt sind und werden. Das bedingt wiederum , daß seine Vorstellungen sich kaum in ein therapeuisches Konzept umsetzen lassen.


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