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Persönlichkeitstheorien
von Lawrence A. Pervin

UTB Stuttgart 2000


SHELDONs Konstitutionstypologie

Auch SHELDONs Typologie gehört in die Reihe der Konzeptionen, die einem mechanistischen Modell vom Menschen zuzuordnen sind, d.h. der Mensch wird als reaktiv angesehen. In diesem Fall reagiert er aufgrund biologisch-hereditärer Grundlagen, angelegter Determinanten.

SHELDONs Vorstellungen beziehen besondere Nahrung aus der Embryologie: Danach lassen sich in einem frühen Stadium der Menschwerdung drei verschiedene Keimblätter unterscheiden: Das Endoderm (für die Entwicklung innerer Organe), das Mesoderm (Skelett, Muskulatur, Bindegewebe) und das Ektoderm (Haut,Nervensystem).

Je nach dominanter Entwicklungsausprägung eines der Keimblätter ergeben sich verschiedene Körperbautypen oder Somatotypen:

Endomorphe, Mesomorphe, Ektomorphe.

Die Extremformen dieser Ausprägungen entsprechen im wesentlichen KRETSCHMERs Pykniker, Athleten und Leptosomen.

Im Gegensatz zu KRETSCHMER aber quantifiziert die Ausprägungen seiner Somatotypen nach einem dreistelligen Zahlensystem, wobei 1 für geringe Ausprägung und 7 für extreme Ausprägung steht. Der Chiffre 711 z.B. steht für einen extremen endomorphen Typ. 171 für extreme Mesomorphe, 117 für extreme Ektomorphe.

Die Quersumme der dreistelligen Zahl muß allerdings zwischen 9 und 12 liegen. Somit erfaßt Sheldon alle drei Dimensionen in ihren Mischungen quantitativ. Grundlage sind Messungen ( z.B. der Rumpfes, der Extremitäten etc.) in fünf Körperbereichen: Hals und Kopf, Brustkorb, Arme, Hände und Bauch, Beine und Füße.

In ähnlicher Weise quantifizierte Sheldon individuelle Verhaltensmerkmale und gelangte dabei zu drei Temperamentstypen: Viscerotonie, Somatotonie und Cerebrotonie. Diese Typen entwickelte SHELDON aus der Messung von 20 Verhaltensmerkmalen. Die für einen Temperamentstyp anzeigenden Skalenwerte (1 bis 7) mußten untereinander einen starken Zusammenhang aufweisen, während sie zu den anderen nur mäßige Korrelation zeigten.

Kennzeichen der Temperamentstypen:

- Viscerotonie: schlaffe Körperhaltung/Bewegungen, Bequemlichkeit, langsame Reaktionen, Soziophilie, Toleranz, Selbstgefälligkeit, ebenmäßiger Gefühlsablauf.

- Somatotonie : straffe Körperhaltung, energiegeladen, Bewegungsfreude, Rauflust, Ungeniertheit, Freude am Risiko, "Draufgänger".

- Cerebrotonie: scheue Haltung, verkrampftes Auftreten, Soziophobie, Verbergen der Gefühle, geistig überwach, überschnelle Reaktion, Zurückgezogenheit.

Diese Temperamentstypen korrelieren nun (in der Reihenfolge, r=0,80) stark mit endomorphen, mesomorphen und ektomorphen Körperformen. Spätere Studien konnten aber einen derartig starken Zusammenhang nicht mehr bestätigen.

SHELDON glaubt, das es für den starken Zusammenhang zwischen Körperformen und Temperamentsformen eine gemeinsame biologische Quelle gibt.

KRITIK an SHELDONs Konstitutionstypologie:

Positiv zu vermerken ist zunächst SHELDONs methodische Strenge und Systematik, sein stark empirischer Bezug und seine konsequente Auswertung. Aber dennoch ist einiges an Kritik zu äußern.

- Die Ausprägung der Merkmale kann auf der Skala nicht variieren. Z.B. können aufgrund des dominierenden Wertes die anderen Werte vorausgesagt werden.

- Die Einstufung der Körpermerkmale und Verhaltensweisen ist subjektiv. So sind die hohen Korrelationen eher im Rahmen einer "self fullfilling prophecy" entstanden.

- Wie auch KRETSCHMER hat SHELDON an sich keine Persönlichkeitstheorie entwickelt. Der Zusammenhang kann einerseits von intervenierenden Variablen bestimmt sein, die Ausprägungen durch andere Faktoren als Anlagen entstehen

- Die Altersvariable ist nicht genügend berücksichtigt: Hier werden durch soziale und körperliche Variablen endomorphe Körperformen eher auftreten.

- SHELDON wie auch KRETSCHMER gehen weiteren endogenen wie auch exogenen Einflüssen nicht nach.


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