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Die Differentielle Psychologie in ihren methodischen Grundlagen
von William STERN
Sprache: Deutsch
Sondereinband Huber Bern 1994
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STERN´s Personalismus (philosophische Charakterologie)

William STERN´s phänomenologisch geprägte Theorie ist eine philosophisch orientierte Charakterologie und ist als einer der Vorläufer der humanistischen Psychologie zu sehen. Philosophisch orientierte Charakterologien korrespondieren stark mit der idealistischen Tradition, ihr Bild vom Wesen des Menschen ist organismisch, holistisch und sieht das Individuum in seiner Entwicklung von immanenten Entfaltungsgesetzen geprägt.

Gemeinsamkeiten philosophischer Charakterologien:

- Es stellt sich die Frage nach dem Wesen des Menschen als eines Ganzen.
- Methodologische Grundlage ist das phänomenologische Verfahren (Erkennen von Strukturzusammenhängen als Totalität menschlichen Lebens)
- Weitgehender Verzicht auf empirische Untermauerung
- Globales Verständnis vom Sinn menschlicher Lebenstätigkeit

Nach William STERN ist die Person das Substrat des Psychischen. Grundmerkmale sind
- ihre Vieleinheit ( durch die Zusammensetzung der Teile hindurch existierende Identität),
- Zweckwirken (Immanent teleologisches Streben von innen heraus) und
- Besonderheit und Individualität (was sich in seiner Bedeutung gegenüber der Welt absondert).

STERN unterscheidet zwischen der mechanischen Kausalität (naturwissenschaftlich -technisch, auf Sachen bezogen, ohne immanente Zielstrebigkeit) und der persönlichen Kausalität, der eine solche immanente Zielstrebigkeit innewohnt (Quelle und Ziel des Wirkens ist die Person).

Er unterscheidet zwei Systeme der Zielstrebigkeit:

- Selbstzwecke (Autotelie) und Fremdzwecke (Heterotelie), die in einem Verschmelzungsprozeß (Introzeption oder innere Aneignung) die menschliche Personalität erst konstituieren.

Selbstzwecke sind eigene Zielsetzungen, zwei Ziele werden unterschieden: Selbsterhaltung (reelle Person) und Selbstentfaltung (ideelle Person).
Zentrales Merkmal der Person ist die immanente Zielsetzung der Selbstentfaltung, die sich in konservative (Ziele bereits schon mal dagewesen) und produktive (strebt einem noch nicht realisiertem Ziel zu) Selbstentfaltung unterteilen läßt.

- Fremdzwecke sind von außen an die Person herangetragene Zielsetzungen. Hier unterscheidet STERN zwischen
- übergeordneten Personalzwecken (Auf z.B. zur Erhaltung oder Entfaltung einer Gruppe),
- nebengeordneten Personalzwecken (auf andere Personen bezogen, z.B. Freundschaft) und
- übergeordneten Sachzwecken (Orientierung an Werten, z.B. Ästhetik).

Die Auflösung des Gegensatzes von Auto- und Heterotelie führt zu einem egozentrischen Mikrokosmos, der das Zentrum der Person bildet und aus dem heraus sich Dispositionen der Zielstrebigkeit der Person ergeben:
- Richtungsdispositionen (Tendenzen: Motive Interessen, Neigungen, d.h. Grundlage des Charakters) und
- Rüstungsdispositionen (Fähigkeiten).

Dies zusammen genommen wiederum ist die Entelechie einer Person (Tendenz und Fähigkeit, sich selbst zu verwirklichen).

Als weitere Faktorengruppe nennt STERN die Umwelt. Dispositionen und Umweltfaktoren konvergieren zu dem, was aktuell in der Person geschieht. STERN setzt einen Person-Umwelt-Bezug voraus, der über den Mechanismus der Introzeption (scheint ein permanenter zu sein) sowohl umweltverändernd als auch personenverändernd wirken kann. In jedem Fall aber ist die Person beteiligt, nie passiv hingegeben.

Kritik: Kein Versuch der empirischen Überprüfung, keine präzisen Angaben über Lern-und Entwicklungsprozesse, der zentrale Mechanismus der Introzeption bleibt geheimnisvoll.


Copyright © Thomas Siebe 2006
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Thomas Siebe

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