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Persönlichkeitstheorien
von Lawrence A. Pervin

UTB Stuttgart 2000


Taxonomie der Persönlichkeitstheorien

(Script 1994)

Excerpt von Klaus A. SCHNEEWINDs Taxonomie der Persönlichkeitstheorien ("Persönlichkeitstheorien", Darmstadt 1983)


* Differentielle Psychologie und Persönlichkeitspsychologie befassen sich mit BEERVORVER:

BEschreiben, ERklären, VORaussagen, VERändern

* Acht subjektive anthropologische Vorstellungen zur Theorienkonstruktion vom Menschen nach HJELLE/ZIEGLER:

Freiheit versus Determiniertheit

Rationalität versus Irrationalität

Homöostase versus Heterostase

Subjektivität versus Objektivität

Holismus versus Elementarismus

Konstitutionalismus versus Environmentalismus

Erkennbarkeit versus Unerkennbarkeit

Proaktivität versus Reaktivität

* Zwei Ergänzungen von Schneewind:

Historizität versus Ahistorizität

Sozialität versus Asozialität

* Drei Modelle vom Wesen des Menschen und die geistige Tradition der Strömungen:

das mechanistische Modell

das organismische Modell

das dialektische Modell

Philosophische Tradition: Empirismus, Idealismus, Dialektik

Medizinisch-biologische Tradition

Mathematisch-statistische Tradition

* Unterschied zwischen Persönlichkeitspsychologie und differentieller Psychologie:

Während die Persönlichkeitspsychologie sich mit der Gesamtheit der menschlichen Dispositionen des Erlebens und Handelns beschäftigt, stellt die differentielle Psychologie auf die inter- und intraindividuellen Unterschiede und Variationen in den Verhaltensdispositionen zwischen den Persönlichkeiten ab.

Eine Definition der Differentiellen Psychologie: Nach Quack befaßt sich die differentielle Psychologie mit den individuellen Differenzen im Verhalten und Erleben.

Der Gegenstand der Persönlichkeitspsychologie stellt sich dar als die Gesamtheit der intraindividuellen Veränderungen menschlichen Handelns und Erlebens und ihrer interindividuellen Differenzen im Kontext einer sich verändernden Umwelt.

Die Aufgaben der Persönlichkeitspsychologie bestehen im Beschreiben, Erklären, der Vorhersage und der Veränderung menschlichen Erleben und Handelns.Dabei müssen Zustand und Entwicklung berücksichtigt werden; Es gibt also sowohl eine Zustandsbeschreibung wie auch eine Entwicklungsbeschreibung, eine Zustandserklärung wie eine Entwicklungserklärung usw.

* Klaus SCHNEEWIND stellt in seiner Publikation drei Modelle vom "Wesen" des Menschen dar und versucht den Nachweis zu führen, daß sie nicht nur von der philosophischen Tradition beeinflußt worden sind, sondern auch mit den jeweiligen philosophischen Strömungen korrespondieren.

Im mechanistischen Modell des Menschen dominiert die Grundannahme der Reaktivität und Determiniertheit des Menschen. Das Individuum funktioniert analog einer Maschine, ein bestimmter Input , der sowohl eine eher externe (S-R-Theorien) wie auch eine eher personeninterne Determinante (Psychoanalyse) sein kann, führt zu einem bestimmten Output. Entwicklung ist eine bedingungsabhängige Reaktion des Organismus. So ist Verhalten grundsätzlich vollständig erklärbar und auch voraussagbar, somit letztendlich kontrollierbar - wenn die auslösenden Bedingungen erkannt werden.

Das organismische Modell vom Menschen ist sozusagen der Widerpart des mechanistischen Modells: Der Mensch ist grundsätzlich aktiv, erfährt die Welt und konstruiert sie (Transformationsprozeß in innere Erfahrungsstruktur) in und durch seine Erfahrungen. Verhalten ist teleologisch und intentional, Entwicklung ist ein zielbezogener vom Individuum weitgehend selbstgesteuerter Wachstumsprozeß. Das Prinzip des Wachstums ist Selbstverwirklichung, d.h. die optimale Ausschöpfung aller Fähigkeiten.

Im dialektischen Modell wird ebenfalls grundsätzlich die Aktivität des Menschen vorausgesetzt, der seine Umwelt aufgrund seiner Erfahrungen der Umwelt verändert, seine Umwelt aber bestimmt wiederum sein Sein und seine Erfahrungen. Umwelt und interne Erfahrung stehen jeweils im Konflikt, Ziel der Entwicklung ist ein Gleichgewicht zwischen Umwelterfahrungen und internen Erfahrungsschemata. Ein Beispiel für ein dialektisches Modell ist PIAGETs Modell der Intelligenzentwicklung: Es besteht ein Widerspruch zwischen den beiden Mechanismen der Akkomodation und Assimilation, der durch die Äquilibration (zwischen beiden vermittelnder Prozeß) gelöst wird. Durch die Akkomodation werden in der aktiven Auseinandersetzung der Person mit der Umwelt die internen Erfahrungsschemata geändert, bei der Assimilation werden Erfahrungen in bereits bestehende Erfahrungsschemata eingegliedert. Der Prozeß der Assimilation muß dann durch den Prozeß der Akkomodation ersetzt werden, wenn die aktuellen Erfahrungen der Umwelt mit internen Erfahrungsschemata im Widerspruch stehen. Es kommt zu einer Erweiterung, Rekonstruktion oder Reorganisation der Erfahrungen, die Diskrepanz wird solange verringert, bis ein Gleichgewicht entsteht. Der zwischen Akkomodation und Assimilation vermittelnde Prozeß wird Äquilibration genannt.

SCHNEEWIND meint nun , daß das mechanistische Modell mit der empiristischen Tradition in der Philosophie korrespondiert, daß organismische mit der idealistischen Tradition und das dialektische Modell analog mit der dialektischen Tradition.

Ausgangspunkt für die Teilung der philosophischen Strömungen in eine empiristische und idealistische war die Vorstellung von DESCARTES, der die Welt in eine materielle und geistige Substanz teilte. Der anglo-empiristische Rationalismus wird in Verbindung mit Namen wie HOBBES, HUME, BERKELEY und LOCKE gebracht, während der kontinentaleuropäisch-idealistische Rationalismus mit Namen wie SPINOZA, LEIBNIZ und WOLFF assoziiert wird.

KANT relativierte diese beiden Spielarten des Rationalismus, doch kam mit ihm das Ende des Zeitalters der Aufklärung. Als Gegenbewegung zur rationalistischen Philosophie entstand eine romantische Philosophie mit FICHTE und SCHELLING, die nichtrationale Phänomene in ihre ganzheitliche Betrachtungsweise integrierten. HEGELs dialektischer Idealismus integrierte ein diese Strömungen umfassendes philosophisches System, doch hatte sein philosophisches Gebäude keinen Bestand. In der nachhegelianischen Zeit nun bildeten sich die o.g. Strömungen deutlich heraus:

Der moderne Empirismus - Wiener Kreis um CARNAP und SCHLICK - klammert ausdrücklich die Metaphysik aus und hat an sich keine Annahmen über die Anthropologie gemacht, sondern trachtete nach Klärung einer der Wissenschaft angemessenen Sprache und Methode. Aber die naturwissenschaftliche Fundierung und Ideale werden z.B. vom Behaviorismus und seiner Experimentalpsychologie geteilt, das Ursache-Wirkung-Prinzip in der Analyse trifft mit den Prinzipien des Empirismus zusammen. Man könnte sagen, daß das Ziel das gleiche ist: Objektiv Erklären und voraussagen.

Die idealistische Tradition - hier sind Namen wie SARTRE, KIERKEGAARD (als Vorläufer), HEIDEGGER und JASPERS zu nennen, wendet sich dagegen gegen die naturwissenschaftliche und experimentalpsychologische Methode des Erklärend. Der Mensch ist keine tabula rasa (LOCKE), sondern hat einen Verstand, den Willen zum Leben und bestimmt selbst, er ist kreativ und intuitiv. DILTHEY und HUSSERL haben die phänomenologische Methode des Verstehens, einer Psychologie "von innen" heraus kreiert Die Subjektivität des Menschen steht im Mittelpunkt, sein Handeln ist sinnvoll.

Die dialektische Tradition hat insbesondere mit Marx ihren Beginn. Der Marxismus hat sich insbesondere der Psychoanalyse verbunden gefühlt. FROMM ist dieser Synthese aus biologischen Determinanten FREUD´scher Prägung und gesellschaftlicher bzw. dialektisch-materialistischer Determinanten MARX´scher Prägung gefolgt. Nachdem in den meisten Industriestaaten die Verelendung der Massen ausgeblieben war, hat sich die materialistische Psychologie mehr um die "Kritische Theorie" der Frankfurter Schule geschart. Insbesondere Klaus HOLZKAMP hat Ansätze einer neuen Methodologie erkennen lassen. Aber nach wie vor fehlt eine explizite marxistische Persönlichkeitstheorie.


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