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 Das Fabelbuch von Aesop bis heute Das Fabelbuch von Aesop bis heute
von Silke Leffler
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe - 600 Seiten - Beck, Wien
Erscheinungsdatum: Juli 2003
Dieser Band enthält eine Sammlung der 50 schönsten klassischen und modernen Fabeln, mit Texten u.a. von Aesop, Friedrich Schiller, Jean de la Fontaine, Josef Guggenmos, Wilhelm Busch, Leo Tolstoi, Marie von Ebner-Eschenbach und Novalis
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Fabeln frei nach Äsop

Äsop, dessen historische Existenz allerdings nicht belegt ist, war ein ehemaliger Sklave und berühmter griechischer Erzähler des 6. Jahrhunderts vor Christus. Sein Name ist mit rund 3000 Fabeln und lehrreichen Kurzgeschichten verknüpft. Die Fabel verleiht Tieren, Pflanzen, natürlichen Objekten  oder Phänomenen Sprache und macht ihr Verhalten zum Spiegel menschlichen Handelns, um auf diese Weise Lehrreiches und Moralisches anschaulich und unverfänglich vorzuführen.

Der Schakal und sein Schatten

Ein kleiner Schakal bewunderte eines Nachmittages seinen eigenen Schatten. "Ich wußte gar nicht, daß ich so groß bin", dachte er und stolzierte durch die Wüste. Als eine große Eidechse daherkam, fühlte der Schakal sich mächtig überlegen und jagte sie in die Flucht. Die Sonne sank und sein Schatten wurde größer. Als ein Wüstenfuchs daherkam, jagte er auch diesen in die Flucht. Und wieder warf er einen Blick auf seinen Schatten, der sich mit der sinkenden Sonne erneut vergrößert hatte. Dann kam ein Wolf daher und der Schakal, der sich immer mächtiger fühlte, ging selbst das größere Raubtier an. Dem Wolf erschien der freche Schakal tollwütig, deswegen machte er sich aus dem Staube. Der Schakal aber fühlte sich nun als der Herr der Wüste. Bald darauf traf er auf den Löwen . Stolz trat der Schakal dem König der Wüste entgegen und forderte ihn zum Zweikampf. Der Löwe aber tötete den kleinen Schakal mit nur einem Prankenschlag und setzte seinen Weg fort, während er seine Mähne über so viel Dummheit schüttelte.

Der Wolf und sein Spiegelbild

Ein Wolf  mit einem großen Happen Fleisch in seinem Maul überquerte einen Fluß über eine kleine Brücke. Da sah er im Wasser sein Spiegelbild und hielt es für einen fremden Wolf. Weil ihm das Stück Fleisch im Maul des vermeintlich fremden Wolfes  größer erschien, schnappte er danach und ließ sein Stück Fleisch fahren. Doch während sein Fleisch von der Strömung davon getragen wurde, holte sich der Wolf nur ein nasses Maul.

Die Tauben und ihr Beschützer

Die Tauben wurden vor ihrem Schlag immer wieder von einem Falken überfallen. Der Raubvogel tötete und fraß fast jeden Tag einen Vogel. Da holten sich die Tauben den Adler in den Schlag, damit er sie vor dem Falken schützen sollte. Tatsächlich schreckte der Adler den Falken so sehr ab, daß dieser sich nie wieder vor dem Schlag blicken ließ. Der Adler aber wütete nun seinerseits jeden Tag im Taubenschlag und fraß mehr Tauben als der Falke zuvor.

taube

Der Löwe und der Büffel

Ein Löwe sah einst einen mächtigen Büffel in der Savanne. Der Löwe war sehr hungrig, doch er sah, daß die Hörner des Büffels bedrohlich lang und sehr spitz waren. Also verzichtete er auf rohe Gewalt und versuchte es mit einer List. Er trat freundlich dem Büffel gegenüber und sprach: "Ich muß dir einfach einmal sagen, wie sehr ich deine wohlgeformte Statur und dein imposantes Auftreten bewundere. Was für Schultern ! Was für ein stattlicher Kopf ! Welch hübsch geschittenes Gesicht ! Schade nur, das..." Der Löwe zögerte und schüttelte bedauernd seine Mähne. Der Büffel, der sich angesichts der Lobrede des Löwen mehr und mehr in Positur geworfen hatte, stutzte und fragte: "Was stimmt denn nicht, sage es nur frei heraus ?" Der Löwe antwortete: "Nun, deine hässlichen Hörner müßen dir wirklich peinlich sein, sie verderben den ganzen Eindruck. Glaube mir, du würdest ohne sie noch viel besser aussehen..." Der Büffel glaubte dem Löwen und wetzte sich die Hörner an einem Felsen ab. Der Löwe behielt indessen seine Zähne und Krallen und ward bald völlig satt von dem Büffel, der seine beste Verteidigung weggewetzt hatte.

Der  Hund und die Glocke

Es war einmal ein bissiger Hund, der ohne Anlass nach allem und jedem schnappte und versuchte, jeden zu beißen. Bald war er gefürchtet bei allen Besuchern. Um diese vor der Annäherung des Hundes zu warnen, band sein Herr dem Beisser eine Glocke um den Hals. Der Hund aber war sehr stolz auf die Glocke, stolzierte durch den Garten , ließ die Glocke ertönen und wurde womöglich noch bissiger...

Dies ist die Fabel in der Fabel, denn schon hier könnte die Geschichte pointiert ihr Ende haben. Tatsächlich geht sie aber weiter :

...denn er hielt sich für berühmt. Ein alter Hund aber sprach  zu ihm: "Es wäre besser für dich, wenn du weniger Aufhebens von der Glocke machst. Du denkst, du habest die Glocke als Auszeichnung oder Belohnung erhalten. Tatsächlich ist sie ein Zeichen deines Unvermögens. Du bist nicht berühmt, sondern berüchtigt !")  

Der Wolf und das Lamm

Eines Tages traf ein Wolf im Wald auf ein Lamm, das an einen Baum gebunden war. Das Raubtier empfand Gewissensbisse, eine derartig hilflose Kreatur zu fressen, deswegen suchte es nach einem Grund. "He du, letztes Jahr hast du mich schwer beleidigt !" sprach der Wolf zum Lamm. Doch das Lamm antwortete: "Das ist wohl kaum möglich, denn letztes Jahr war ich noch gar nicht geboren !". Der Wolf fuhr indessen fort : "Das mag schon sein, aber du hast in meinem Garten geäst." "Wohl kaum", versetzte das Lamm, "bis jetzt habe ich noch kein Gras gekostet". Der Räuber gab jedoch noch nicht auf: "Aber aus meiner Quelle hast du doch getrunken !" "Nein, bis heute trank ich nur Muttermilch" antwortete das Lamm. Das sagte der Wolf : "Wie dem auch sei, ich gehe nicht ohne mein Mittagessen !" und verschlang das Lamm ohne weitere Gewissensbisse.

Die Fledermaus und die Wiesel

Eines Tages fiel eine Fledermaus vom Baum und wurde von einem Wiesel gefangen. Als das Nagetier sich anschickte, die Fledermaus zu fressen, bat diese um ihr Leben. Doch der Wiesel sagte: "Es tut mir ja leid, aber Vögel sind nun einmal meine Beute und ich muß dich fressen !" Da entgegnete die Fledermaus: "Ich bin aber gar kein Vogel, ich bin eine Maus !" Der Wiesel schaute die Fledermaus genauer an und rief aus; "Tatsächlich, ich habe mich geirrt !" und ließ die Fledermaus gehen. Einige Zeit später fiel die Fledermaus erneut vom Baum und diesmal stürzte sich ein anderer Wiesel auf sie. Wieder bat die Gefallene um ihr Leben, aber der Wiesel sagte: "Es tut mir ja leid, aber Mäuse sind nun einmal meine Beute und ich muß dich fressen !"   Diesmal  entgegnete die Fledermaus: "Ich bin aber gar keine Maus, ich bin ein Vogel !" Der Wiesel schaute die Fledermaus genauer an und rief aus: "Du hast Recht, ich habe mich geirrt !" und wieder kam die Fledermaus davon.

Hier ist die Fabel von Äsop zuende. Eine spätere Version erzählt die Fabel mit einer anderen Lehre weiter:

Als die Fledermaus ein drittes Mal aus dem Baum fiel und von einem Wiesel gefangen wurde, bettelte sie erneut, er möge sie nicht fressen. Da sagte der Wiesel: "Es tut mir leid, aber ich bin nun einmal auf Vögel und Mäuse als Nahrung angewiesen !" Da sagte die Fledermaus : "Aber ich bin gar kein Vogel und ich bin keine Maus, ich bin eine Fledermaus !" Der Wiesel aber versetzte: "Du lügst, denn von so einem Tier habe ich noch nie gehört !" und fraß die Fledermaus auf.

Und hier geht es zu etwas längeren Fabel.


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